Die Schweizer Museumszeitschrift

Museumszeitschrift Nr. 20

Die 20. Ausgabe der Schweizer Museumszeitschrift blickt unter anderem zurück auf den diesjährigen Jahreskongress, der mit dem Titel «Teilhaben und mitwirken – Museen im Wandel» auf die institutionsprägende Rolle der Besucher:innen fokussierte. Ein Beitrag zum Projekt «Wunsch(T)räume» der kantonalen Museen Luzern vertieft das Thema. Ausserdem im Heft: eine Bilderstrecke aus Thun, ein Bericht über die Situation der Museen in der Ukraine und ein Beitrag zur Umsetzung der Faro-Konvention der Schweiz.

Museumszeitschrift Nr. 20

Zur Publikation

Die Schweizer Museumszeitschrift ist das Magazin für die Mitglieder von VMS und ICOM Schweiz. Sie informiert über die Aktivitäten der Verbände und die aktuelle Kulturpolitik, stellt ausgewählte Fachliteratur vor und wirft in Bildstrecken einen Blick hinter die Kulissen der Museen in der Schweiz. Die Zeitschrift erscheint zweimal jährlich in einer mehrsprachigen Ausgabe. Die wichtigsten Artikel sind in ihren Übersetzungen auf museums.ch verfügbar.

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Übersetzungen

Teilhaben und mitwirken – Die Museen im Wandel

Rückblick zum Jahreskongress der Museen der Schweiz 2022 vom 1. und 2. September 2022 im Espace Gruyère in Bulle

Durch einen glücklichen Zufall wurde der Jahreskongress, der sich der Teilhabe und der Mitwirkung des Publikums widmete, nur einige Tage nach der Neufassung der Museumsdefinition eröffnet, für die auf der 26. Generalversammlung von ICOM International am vergangenen 24. August in Prag abgestimmt wurde. «Barrierefrei und inklusiv, Diversität und Nachhaltigkeit fördernd», soll das Museum «mit Teilhabe der verschiedenen Gemeinschaften» agieren und sich so als unverzichtbarer Ort der kulturellen Inklusion definieren. Ein Perspektivenwechsel ist nötig, das ist die heute dominierende Erfahrung mit dem konservierten Kulturerbe. Die Zunahme der Aktivitäten mit Teilhabe und Inklusion bestätigt, was viele Museen bereits praktizieren: Das Publikum muss in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen gestellt werden.

Die kulturelle Teilhabe, ein neues Thema 

Als Eckpfeiler, in dem Konservation des Kulturgutes und menschliche Aktivität konvergieren, wird das Museum auf jeden Fall als bedeutender Ort für Bildung und Teilhabe anerkannt. Doch erst seit 2016 zeichnet sich die Praxis der Teilhabe als strategische Achse in der schweizerischen Kulturpolitik ab, indem sie zur Konfrontation ermuntert und Wege aufweist, wie ein besseres Zusammenleben in einer Gesellschaft möglich ist, die immer vielfältiger wird. Im Dienst einer Gesellschaft, in der seine Stimme Gewicht hatte, sah man das Museum bis vor kurzem als den einzigen Akteur an, der eine Botschaft senden konnte, die Beachtung verdiente. Jetzt steht die Einbeziehung des Publikums im Vordergrund.

Was hat sich geändert?

Die von den partizipativen Aktivitäten hervorgerufene Revolution liegt darin, dass sich alle Bewegung ab jetzt entschieden nach aussen wendet. Das Museum trifft nun auf ein Publikum, das nicht unbedingt das seine ist. Es stützt sich auf seine Sammlungen und Spezifitäten als solide Grundlage seines Rüstzeugs und bewegt sich symbolisch und sogar physisch auf die anderen zu. Es geht Risiken ein und wagt sich freiwillig in Prozesse, von denen es akzeptiert, dass es sie nicht ganz unter Kontrolle haben wird. Vom enzyklopädischen Museum, einem einschüchternden Tempel des Wissens, in dem die ehrwürdigen Treppen von Besucher:innen erklommen wurden, die es weiterzubilden und zu erziehen galt, gehen wir nun zu einer umgekehrten Bewegung über und machen uns daran, auf Fragen zu antworten, die sich jedes Museum stellt: Wie kriegen wir es hin, dass Menschen kommen, die noch nie einen Fuss in unser Haus gesetzt haben? Wie schaffen wir Verbundenheit? Wenn die Teilhabe mit weiteren Funktionen des Museums koexistiert – Vergnügen, Entspannung, Entdeckung –, ist dies der Beweis für eine Geisteshaltung, die jeden und jede davon überzeugt, dass unter dem, was das Museum zu bieten hat, auch für ihn oder sie etwas dabei ist.

Das Vorbild der wissenschaftlichen Museen

Die Einbeziehung des Publikums in wissenschaftliche Projekte erfreut sich einer längeren Tradition. Der Bereich der Naturwissenschaften besitzt den Vorteil, eine sehr ursprüngliche Verbindung zu uns zu schaffen – durch die Welt, die uns umgibt. Das erste Museum, das wir als Kind besuchen, ist in den meisten Fällen ein Museum der Naturwissenschaften. Da sie schon länger Praxiserfahrungen in Teilhabe gesammelt haben, können uns die wissenschaftlichen Institutionen einiges beibringen. In den naturwissenschaftlichen Museen ist es nämlich üblich, auf den Beitrag von aufgeklärten und leidenschaftlichen, an dem jeweiligen Thema interessierten Menschen zu zählen, die aber keine Fachleute sind. Um die Schwierigkeiten zu überwinden, die die Sammlung einer großen Anzahl von Daten mit sich bringt, appellieren die wissenschaftlichen Institutionen an das Publikum, sich an Zählungen und direkten Beobachtungen zu beteiligen. Diese Zusammenarbeit bringt Früchte und erlaubt es, Studien durchzuführen, die die Fachleute im akademischen Milieu allein nicht erreichen könnten. Die wissenschaftlichen Museen haben keine Komplexe und bitten ganz ungehemmt um die Hilfe der Bevölkerung, die sich dadurch stark aufgewertet und motiviert fühlt. Da der Dienst, den das Publikum leistet, objektiv und quantifizierbar ist, scheint es ganz selbstverständlich, auf eine partizipative Methode zurückzugreifen. Die Projekte der Citizen science gehen in diese Richtung und wirken als wahre Brutstätten für Veränderungen im Ansatz der Museen. Die Schlüssel zum Erfolg dieser Operationen können an alle Arten von Institutionen angepasst werden. Sie bestehen darin, die Teilhabe an einem Projekt und seinen Herausforderungen zu bieten, transparent zu sein in Bezug auf das erwartete Resultat und dem Publikum Feedback zu liefern und Dankbarkeit zu zeigen.

Den Museumsbetrieb neu überdenken, neue berufliche Profile erfinden

Die Teilhabe hat nicht nur den Effekt, das Museum nach aussen zu öffnen. Sie hat auch starke Wirkung auf die internen Prozesse der Institution. Trennwände einzureissen kann anspruchsvoll sein, und nicht alle Projekte sind erfolgreich. Die lange Zeitdauer der angesprochenen Fälle bringt uns dazu, einige wichtige Fragen zu stellen: Warum wollen wir eine partizipative Aktion organisieren, wie wollen wir es tun, und zu welchem Zweck? Die Beispiele zeigen uns, dass es wichtig ist, vorbereitende Tests durchzuführen und auf die Einfachheit der Mittel zu achten, die wir einsetzen. Wir müssen eingestehen, dass wir jeden Tag eine neue Facette unseres Museums entdecken – Teilhabe ist ein Mittel, sich selbst besser kennenzulernen… ob als Individuum oder als Museumsinstitution! Doch die neuen partizipativen Methoden benötigen bedeutende Investitionen an Zeit und zeigen die Grenzen des Museumspersonals auf. Sie decken nämlich auf, wie veraltet die strengen hierarchischen Strukturen oft noch sind, und wie unfähig, ihre Vorgehensweisen in Frage zu stellen. Was den Museumsbetrieb angeht, sollten die Geschäftsführungen von einer vertikalen hierarchischen Struktur umstellen auf ein eher transversales Management, in dem die Meinungen aller gehört werden. Ebenso wie ein Museum nicht mehr den Anspruch erheben kann, ein Wissen zu verbreiten, das in seinem alleinigen Besitz ist, sollte es heute auch den Rückmeldungen seiner Teams Beachtung schenken. Die Meinung des Publikums zu berücksichtigen setzt voraus, dass wir dasselbe auch mit der Meinung unserer Kolleg:innen tun – auch wenn das bedeutet, schwierige Entscheidungen zu treffen. Teilhabe verlangt nach Flexibilität, einem langen Atem, einer Neugier auf die anderen. Dies sind auch die Vorzüge der neuen beruflichen Profile, denen es gelingt, sich nützliche Erweiterungen der traditionellen Abteilungen vorzustellen. Dabei werden die jungen Generationen und ihre Kompetenzen als digital natives von Vorteil sein. Dasselbe gilt für jene Berufe, deren Expertise in technologischen, rechtlichen oder ethischen Fragen hilfreich sein wird, wenn es um soziale Befragungen geht, die sich uns in den partizipativen Prozessen mit voller Wucht nähern. Wenn ein Museum sich zu einem Ort des Wandels entwickeln möchte, zu einer gesellschaftlichen Bühne, auf der sich die Menschen begegnen, dann muss es diese Diversität auch in seinem Team durchsetzen. Diese transversalen Kompetenzen sollten dabei auch in der musealen Ausbildung zum Tragen kommen.

Welche Auswirkungen auf den Betrieb der Museen?

Die Möglichkeit des Wandels erahnen zu lassen – was den Auftakt jeder gesellschaftlichen Veränderung darstellt – zeichnet sich als der grosse Vorteil der Teilhabe ab. Die beim Kongress vorgestellten Beispiele zeigen, wie sehr die Ehrlichkeit des Ansatzes zum Erfolg beiträgt. Die Menschen spüren diese Offenheit sofort und würdigen sie, indem sie bereit sind, am Abenteuer teilzunehmen. Sich stets wie in einem Mantra an den Ausspruch «Museums seem to be about objects but are really about people» zu erinnern, öffnet den Weg zum gegenseitigen Verstehen und zur Teilhabe. Das oft noch langweilige oder elitäre Bild von Museen kann so dank dieser neuen Geisteshaltung weggefegt werden.

Autorin: Fabienne Aellen

Vom Sollen zum Wollen

Das Historische und das Natur-Museum Luzern werden zu einem neuen kantonalen Museum zusammengespart. Das partizipative Projekt «Wunsch(T)räume» dient als Motor dieser Transformation, in der das bisherige und neue Publikum ebenso gefragt ist wie die Mitarbeitenden.

Zu Beginn des Jahres luden das Historische und das Natur-Museum in Luzern ihre Besucher:innen ein, etwas über sich zu erzählen. Die Aktion mit dem Titel «Du bist, willst und magst!» sollte den Häusern helfen, ihr Publikum besser kennenzulernen – und brachte eines besonders deutlich zutage: Die Kinder im Kanton möchten in den künftigen Ausstellungen Dinosaurier sehen. Almut Grüner, Direktorin der beiden kantonalen Museen Luzern, lacht, als sie das erzählt, und zuckt mit den Schultern – denn sie kann keine Dinos in die Sammlung zaubern. «Aber vielleicht müssen wir das gar nicht. Vielleicht wäre es ein Anfang, unsere Sammlungsgegenstände rund um Mammuts in Beziehung zu Dinosauriern und zum Kanton Luzern zu setzen.»

Almut Grüner soll die beiden benachbarten Museen in eine gemeinsame programmatische Zukunft führen. Zukunft, das meint hier «ein neues, interdisziplinäres Museum, in dem sich Naturthemen und Geschichte des Kantons Luzern eng miteinander verflechten». Am Anfang dieser Fusion stand 2018 der Auftrag des Kantons, zu sparen. Die operative Zusammenführung begann Christoph Lichtin, der ehemalige Direktor des Historischen Museums und Leiter Kantonale Museen Luzern, indem er bis 2019 die Abteilungen Marketing und Kommunikation, Buchhaltung und Technik der beiden Häuser zusammenlegte. Almut Grüner und ihr Team schufen ab 2020 insgesamt vier Abteilungen, die häuserübergreifend arbeiten. Und die gesetzliche Zusammenführung zum «Luzerner Museum für Natur, Geschichte und Gesellschaft» entschied der Kantonsrat im vergangenen Juni: Bis 2030 soll an einem noch unbekannten Standort ein modernes, relevantes Museum mit Mehrwert für die Bevölkerung entstehen. Mit der erwarteten Änderung im Kulturfördergesetz, die Ende 2022 erfolgt, wird die Zusammenlegung auch formell vollzogen.

Wünsche sammeln und ernstnehmen

Doch welche Geschichten soll das neue Museum über Stadt und Land in Luzern erzählen? Und was soll es darüber hinaus können? «Das neue Museum soll vor allem Spass machen», sagt Grüner, die während ihrer Museumstätigkeiten in England erlebt hat, wie glückliche Besucher:innen aussehen. England bietet viele Referenzen im Diskurs um zeitgenössische Vermittlungs- und Erziehungsarbeit. Um also eine Grundlage für «Glück und Spass» zu erarbeiten, hat Grüner das Partizipationsprojekt «Wunsch(T)räume» ins Leben gerufen – und auch gleich die Stelle einer Fachperson Partizipation geschaffen. So ist es Agnieszka Christen, die das Projekt aufbaut, betreut, konsolidiert und evaluiert.

Christen erläutert: «Nach innen markiert ‹Wunsch(T)räume› den Startschuss für den strategischen Veränderungsprozess und die Intensivierung des partizipativen Arbeitens – nach aussen gibt es der Bevölkerung die Möglichkeit, das neue Museum mitzuplanen, indem sie an Workshops, Befragungen und experimentellen Formaten teilnehmen kann.» Finanziert wird «Wunsch(T)räume» für eine Dauer von drei Jahren aus Fördergeldern der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG in Winterthur, dem Budget aus eigenen Töpfen und Spenden der Freundesvereine der beiden Häuser.

Eine Kreuzung aus Lenzburg und England

Bereits in der mit Christen besetzten Stelle manifestiert sich eine Haltung und auch ein Signal, nämlich «dass Partizipation nichts ist, was eine Organisation neben dem Alltagsgeschäft ‹auch noch macht›». Vielmehr gehe es darum, so Grüner, das, was man bisher gemacht habe, anders zu machen. «Ich verstehe Partizipation als Herangehensweise.» Vielleicht vergleichbar mit einer Kultur oder Praxis, die sich über alles Tun in einer Organisation legt – wie andere gegenwartsorientierte Themen wie Nachhaltigkeit oder Diversität. Hierbei hat Grüner nicht das eine Vorbild im Kopf, vielmehr schwebt ihr eine Mischung vor, «etwa aus dem Stapferhaus Lenzburg, dem nationalen Kindermuseum Eureka! in Halifax und dem Leeds City Museum». Ein Experiment also – und warum auch nicht? Sie können es sich leisten, zählen die beiden Museen doch zu den meistbesuchten in der Stadt Luzern.

Hinter «Wunsch(T)räume» steht die Absicht, «die Bevölkerung mitzunehmen, möglichst viel über unser Publikum und Nichtpublikum zu erfahren, Formate auszuprobieren und Kontakte zu knüpfen», erklärt Christen. Planvoll und zielstrebig erschliesst sich Christen bislang unterrepräsentierte Publikumsgruppen wie Senior:innen im Format von Erzählcafés oder Jugendliche im Format einer «Ausstellung von Jugendlichen für Jugendliche». «Die Vernissage dieser interaktiven Ausstellung soll in wenigen Stunden stattfinden», erzählt Christen, «und noch muten die Räume besorgniserregend unfertig an.» Plötzlich hat man eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie herausfordernd es sein muss, als Museumsfachperson in einer partizipativen Anlage wie dieser Kompetenzen abzugeben, jahrzehntelange Erfahrung und Expertise zurückzuhalten und stattdessen in den Prozess und das Gegenüber zu vertrauen.

Die Partizipationsformel: Augenhöhe

Wie legen Christen und Grüner Partizipation für sich aus? Die beiden sind sich einig: «Auf Augenhöhe» trifft ihr Verständnis am besten. Und sie glauben, dass viele Museen an dieser «Augenhöhe» scheitern. «Denn Augenhöhe heisst, dem Gegenüber mit seinen Ideen Platz zu geben, sich mit ihm und seinen Interessen zu beschäftigen. In der Konsequenz führt das mitunter zu Setzungen, die wir so nicht oder anders gemacht hätten.» So wünschten sich die Jugendlichen ein Thema, von dem die Kurator:innen nicht einmal ahnten, dass es Teil der Lebenswelt von Jugendlichen ist: Klarträume bzw. luzides Träumen. Ferner fand Christen in ihren Workshops heraus, dass die Besucher:innen sich Formate wünschen, in denen sie einerseits mehr zuhören und andererseits selbst stärker zu Wort kommen dürfen, zum Beispiel als Zeitzeug:innen mit eigenen Geschichten.

Das Beispiel der Jugendlichen, die zu Vermittler:innen geworden sind, zeigt: Hier schafft Partizipation einen individuellen und gesellschaftlichen Mehrwert, denn es sind soziale Räume entstanden, die neu sind. Doch wie wirkt die neue Ausrichtung der Museumsarbeit nach innen, also auf die Institution, auf das Selbstverständnis und auf die Ausgestaltung klassischer Aufgaben von Mitarbeitenden? Grüner seufzt und sagt: «Was im Aussen vielleicht nicht so revolutionär klingen mag, bringt nach innen, also in der Organisation einiges durcheinander. Durch die Umstellung auf partizipative Herangehensweisen fühlen sich viele Mitarbeitende in ihrer Leistung kritisiert, haben Ängste, dass ihr Fachwissen untergehen könnte.» Hier wird «Wunsch(T)räume» buchstäblich zu einem Raum, in dem ein neues Verständnis entwickelt und eingeübt werden darf. Christen und Grüner träumen von einer Inklusionsgruppe, in der drei bis vier Mitarbeitende künftig ganz selbstverständlich partizipative Formate mitdenken, umsetzen und evaluieren. Und bestenfalls wird es normal geworden sein, Ausstellungen so zu machen.

Autorin: Katharina Nill

Kultur erben

Die Faro-Konvention des Europarats über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft, von der Schweiz 2019 ratifiziert, stellt einen neuen Rahmen für die Politik und Kulturinstitutionen bereit: Menschen und ihre Initiativen stehen im Zentrum.

In der Schweiz bewegt sich etwas im Bereich des Kulturerbes. Zum Beispiel im Tessin: Das Projekt «Pagliarte» im Onsernonetal stärkt die traditionelle Herstellung von Trinkhalmen aus Stroh mit dem Ziel, althergebrachte Praktiken bekannt zu machen und einen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit zu leisten. Oder die Kampagne «Apprendisti Ciceroni» der Stiftung FAI SWISS: Sie machte junge Menschen zu Botschafter:innen des Kulturerbes. Unter professioneller Anleitung traten sie in Kontakt mit Kunst und Natur in ihrer Umgebung, untersuchten Objekte und Orte ihrer Wahl wie etwa die Burg Montebello in Bellinzona und stellten sie ihren Mitschüler:innen, Eltern und anderen Erwachsenen in Formaten wie Audioguides oder Ausstellungen vor. Und das digitale Projekt «When We Disappear», ein vom Studio Inlusio Interactive zusammen mit Historiker:innen umgesetztes Game, erzählt eine interaktive Geschichte rund um das Kulturerbe und Gedenkorte und betreibt so zeitgemässe Erinnerungskultur für Schüler:innen. Erleben kann man die Geschichte eines Mädchens, das sich im Zweiten Weltkrieg auf der Flucht quer durch Europa befindet. Eine Rahmenhandlung stellt Bezüge zur Gegenwart her.

Was ist all diesen Projekten gemein? Sie alle sind Initiativen aus der Zivilgesellschaft, die darauf zielen, das Kulturerbe in seiner Bedeutung für die Menschen der Gegenwart neu zu denken. Und damit entsprechen sie den zentralen Werten in der Faro-Konvention, dem Rahmenübereinkommen des Europarats über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft. Die Konvention, 2005 in der portugiesischen Stadt Faro verabschiedet, unterstreicht den sozialen und verbindenden Wert des kulturellen Erbes und dessen Wichtigkeit für eine nachhaltige Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. «Die Konvention von Faro geht von einem breiten, dynamischen und partizipativen Kulturerbebegriff aus», erklärt Nina Mekacher, stellvertretende Leiterin der Sektion Baukultur beim Bundesamt für Kultur (BAK), bei dem die Umsetzung von Faro in der Schweiz auf Bundesebene angesiedelt ist. «Sie widmet sich der Frage, warum und für wen das europäische Kulturerbe gepflegt werden soll. Dabei stellt sie seine Bedeutung für die heutige Gesellschaft in den Mittelpunkt.» Alle Praktiken und Objekte, die für Menschen in ihrem alltäglichen Leben Wert besitzen, werden somit wichtig; dies verlangt eine Kulturerbepolitik, die sich ständig neuen Gegebenheiten anpasst. Und da Faro auf der Teilhabe aller am Kulturerbe sowie auf dessen Bedeutung für eine nachhaltige, diverse und demokratische Gesellschaft insistiert, passt die Konvention perfekt zur neuen Museumsdefinition des Internationalen Museumsrats ICOM.

Faro im europäischen Kontext

Bei ihrer Umsetzung gewährt die Faro-Konvention weitgehende Gestaltungsfreiheit, entsprechend unterschiedlich präsentiert sich die Situation in der Schweiz und in den Niederlanden. Die Niederlande haben Faro bisher nicht ratifiziert; stattdessen wurde 2019 ein Prozess angestossen, in dem geklärt wurde, wie die Konvention umgesetzt werden könnte. Zuerst stand eine Bestandsaufnahme an – auf einer Internetseite wurden konkrete Initiativen gesammelt, die Faro-Prinzipien entsprechen, und zahlreiche Akteur:innen wurden so miteinander vernetzt. Ein solches Projekt ist das interaktive Heimcomputer-Museum in Helmond: Die dort ausgestellten und allesamt nutzbaren Computer werden von Menschen unterhalten, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind. Stücke, die nicht in die Sammlung kommen, werden repariert und günstig an einkommensschwache Menschen verkauft. Für Michaela Hanssen, Leiterin des Faro-Programms beim niederländischen Ministerium für Kultur, bringt das Projekt die Werte von Faro auf den Punkt: «Das HomeComputerMuseum ist eine auf Partizipation der Bürger:innen basierende Privatinitiative, die einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft leistet und verschiedene Gruppen miteinander verbindet, etwa die Mitarbeitenden mit ihren oft durch Herausforderungen geprägten Lebensläufen, die Einwohner:innen der Stadt, finanzschwache Familien oder die Tourist:innen, die extra nach Helmond kommen. Und dabei macht das Museum auch noch einen neuen Gegenstand als Teil des Kulturerbes erfahrbar, den Heimcomputer eben.»

Das Faro-Programm der Niederlande mündet diesen Herbst in eine konkrete Agenda, welche die Ratifizierung empfiehlt und Umsetzungsschritte vorschlägt. Michaela Hanssen und ihr Team stiessen zur Erarbeitung dieser Agenda einen partizipativen Prozess an: «Wir haben eine digitale Plattform eröffnet, auf der sich alle äussern und Feedback geben können, die in den Prozess eingebundenen Institutionen und Gruppen ebenso wie die breite Öffentlichkeit.» Vorgeschlagen wird zum Beispiel eine direktdemokratische Beteiligung der Bevölkerung an Entscheidungen im Bereich des Kulturerbes. Und administrative Schranken in der Kulturförderung sollen abgebaut werden – denn nur so haben alle Initiativen der Bürger:innen reale Chancen auf finanzielle Unterstützung.

Faro in der Schweiz

In der Schweiz wurde zuerst ratifiziert und jetzt wird umgesetzt. Faro wird vom BAK als übergreifender Rahmen für eine Kulturerbepolitik verstanden, die direktdemokratischen Prinzipien entspricht: «Die Konvention will jedem Menschen bzw. jeder Gruppierung von Menschen die Gelegenheit geben, sein:ihr Kulturerbe zu definieren und zu pflegen», erläutert Nina Mekacher. «Dieses dynamische und basisdemokratische Verständnis kann in der Schweiz grosses Potenzial entfalten und mithelfen, dass breite Kreise das Kulturerbe für sich entdecken.» Das BAK setzt in diesem Kontext auf eine in die Kulturpolitik von Bund und Kantonen integrierte Umsetzung: «Das heisst, dass die Grundsätze der Konvention wie die Förderung der kulturellen Teilhabe, die Anerkennung kultureller Vielfalt und kultureller Minderheiten sowie die nachhaltige Nutzung des Kulturerbes direkten Eingang finden in Strategien und Massnahmen, also etwa in die Kulturbotschaft 2020–2024, die Strategie Baukultur oder die Projektförderung durch das BAK», legt Nina Mekacher dar. Dies bedeutet auch, dass keine spezifischen Sensibilisierungskampagnen durchgeführt werden – was auch eine Herausforderung ist für den Wissenstransfer von der Politik zu Institutionen und Gruppierungen der Zivilgesellschaft.

Was heisst das alles nun konkret für ein kleineres Museum in der Schweiz? Beispiele finden sich unter den 19 Gewinnerprojekten des Wettbewerbs «Kulturerbe für Alle», mit dem der Bund bereits 2018 eine erste Kampagne nach Faro-Prinzipien lancierte. Zu den geförderten Projekten zählten die eingangs erwähnten Initiativen, aber auch etwa «Mein Ding» im Museum Schloss Burgdorf: Während einer Umbauzeit wurde unter aktivem Einbezug der Bevölkerung Neues gesammelt. 35 so gefundene Sammlungsobjekte, darunter ein Walkman samt selbst aufgenommener Musikkassetten sowie alte Mobiltelefone, konnten bis Ende 2020 im Foyer des Schlosses besichtigt werden. Alltagsgegenstände mit zugleich persönlichem und gesellschaftlichem Wert im Museum – Faro eröffnet die Chance, dass Museen partizipativer werden und Beziehungen der Menschen zur Lokal- und Alltagskultur widerspiegeln. Freilich sind solche Prozesse nicht ohne Hürden: «So ein Vorgehen verlangt von den Museumskonservator:innen hohe Sozialkompetenz, ein neues Rollenverständnis und eine hohe Risikobereitschaft», führt Nina Mekacher aus. Man möchte hinzufügen: Das Gleiche gilt wohl für die Profis im Bereich der Kulturpolitik, die sich gemäss Faro für dauernde und dynamische Inputs aus der Zivilgesellschaft öffnen müssen. Nina Mekacher bringt es auf den Punkt: «Bei Teilhabeprojekten ist selten das Resultat, sondern vielmehr der Weg das Ziel.»

Autorin: Joanna Nowotny

Achtung: zerbrechlich!

Der Blick über die Grenzen führt in die Ukraine, deren kriegsbedrohte Museen und Kulturgüter unkomplizierte Hilfe benötigen. Was in der Ukraine als Verpackungsmaterial für Gegenstände ankommt, schützt im Grunde die ukrainische Identität.

Als sich Kyjiw, anders als vom Kreml geplant, Ende Februar nicht innert weniger Tage einnehmen liess und die Einsicht durchsickerte, dass dieser Krieg anhalten könnte, veränderte sich das Pflichtenheft von Iryna Nikiforova in Kyjiw. Seit 15 Jahren setzt sie sich bereits in zahlreichen Gremien, Räten und Kommissionen für den Schutz des historischen und kulturellen Erbes ihrer Heimat ein, das 400 Museen und 3000 Kulturstätten umfasst, darunter sieben Welterbestätten. «Nun fragte mich ein Vertreter des Netzwerks Kulturgutschutz Ukraine am Telefon, ob ich mir vorstellen könne, den Bedarf an Hilfsgütern für Kulturstätten in der Ukraine zu ermitteln, zu bündeln und die Hilfslieferungen zu verteilen.» Sie konnte.

«Das Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine hat sich unmittelbar nach Ausbruch des Krieges in Kooperation mit der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft für Wirtschaft und Wissenschaft gegründet, um unbürokratisch und unkompliziert das durch den Krieg gefährdete Kulturgut – und damit das kulturelle Gedächtnis des Landes – zu schützen», erzählt Olena Balun. Die ukrainischstämmige Kunsthistorikerin und Dolmetscherin mit Sitz in Rosenheim wurde quasi über Nacht zur hauptamtlichen Koordinatorin dieses Netzwerks, und auch sie stellte ihre eigentlichen Aufgaben dafür zurück: jene als Kuratorin und Vorstandsmitglied des Kunstvereins Rosenheim. Stattdessen ermittelt sie seit März im engen Austausch mit Kolleg:innen wie Iryna Nikiforova den Bedarf an Hilfsgütern, darunter Verpackungsmaterialien, Transportkisten, Material und Werkzeuge für die Restaurierung, Feuerlöscher, Brandschutzdecken, brandhemmende Lacke und Arbeitsgeräte.

In enger Zusammenarbeit mit diesem Netzwerk und mit Unterstützung des Bundesamts für Kultur koordinieren VMS und ICOM Schweiz die hiesigen Hilfsaktivitäten zum Schutz des ukrainischen Kulturerbes. Zur Koordination wurde eine Taskforce ins Leben gerufen mit Vertreter:innen des Bundes, des Landesmuseums und von ICOMOS Schweiz. Bis heute gelang es, zwölf Lkw, fünf Busse sowie drei Cargo-Züge mit Hilfslieferungen an betroffene Museen und Institutionen in der Ukraine zu entsenden – dank Transportunternehmen, privaten Stiftungen, Museen und anderen Institutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, die Gelder und Güter spenden. Die Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg sei «enorm effektiv, kollegial und höchst professionell», schwärmt Balun.

Erst analog, dann digital

Zunächst, erklärt Nikiforova, hätten die Museen in besetzten oder von Besetzung bedrohten Gebieten ihre Sammlungen evakuieren müssen. Das heisst, dass Sammlungsgegenstände sowie Kunst- und Kulturgüter objektgerecht verpackt und an geheimen Orten im Land versteckt wurden. Wo diese Verstecke sind, das wissen zum Teil nur die Museumsmitarbeitenden selbst. «Selten», so Balun, «erfüllen die Sicherungsorte, oft Keller, die notwendigen klimatischen Anforderungen, sodass Gemälde, Grafiken, aber auch Skulpturen aus unterschiedlichsten Materialien durch Feuchtigkeit und Schimmelbefall bedroht sind. So kommt es, dass die Mitarbeitenden vor Ort grosse Mengen an Restaurierungspapier, Entfeuchtungsgeräten, Luftfeuchtigkeitsmessern, Stromgeneratoren und Silica-Gel benötigen.»

Nun, nachdem die analogen Kulturgüter versorgt sind, wächst die Nachfrage nach Digitalisierungsinstrumenten und -kompetenzen. Balun erläutert: «Unser Netzwerk unterstützt neu eine ukrainische Initiative namens Skeiron, die seit 2016 damit beschäftigt ist, grössere Kulturstätten und Bauwerke zu fotogrammieren bzw. mit Laser zu scannen und Modelle in 3D zu erstellen. Die Technik ist sehr teuer, die Mitarbeitenden benötigen gute Scanner und solide Server. Seit Kriegsbeginn digitalisieren sie auf diese Weise die wichtigsten Bauwerke, Denkmäler und zunehmend auch Objekte, um im Falle einer Zerstörung die Scans als wichtige Hilfe für den Wiederaufbau der Gebäude nutzen zu können. Diese Kompetenzen gilt es nun weiterzugeben und das Netzwerk durch Fotograf:innen und andere Personen mit entsprechendem Fachwissen sukzessive zu erweitern», so Balun.

Systematische Auslöschung

Das ukrainische Kultusministerium registrierte auf seiner Website Anfang August 2022 Beschädigung, Raub und Zerstörung an 505 Kulturerbestätten oder Kulturinstitutionen, darunter Museen, Kirchen, Archive oder Architekturdenkmäler. Zerstörungen wie jene des Skoworoda-Museums in der Region Charkiw und des Archivs in der Stadt Tschernihiw oder die Plünderung von Museen in Mariupol und Melitopol erlebt Nikiforova als systematisch: «Das russische Regime möchte scheinbar nicht nur unsere Gebäude zerstören, sondern gezielt unsere Geschichte und damit die gesellschaftliche Identität der Ukrainer:innen.» Balun ergänzt: «Kultur ist das, was uns Menschen ausmacht. Sie zu bewahren, heisst, uns selbst zu bewahren. Menschen, Regionen, Städte und Staaten haben eine Identität – und das, was Putin bezweckt, ist die Auslöschung der ukrainischen Kultur.» Unweigerlich landet man bei der Haager Konvention, die besagt, dass es gegen das Völkerrecht verstösst, kulturelles Erbe und Eigentum im Krieg vorsätzlich zu zerstören. Sowohl Russland als auch die Ukraine gehören zu den 133 Unterzeichnern. Wie kann es sein, dass Russland da noch als Mitglied in den grossen Verbänden für Museen und Denkmalpflege wie dem ICOM zählen darf? Diese Frage, die lange wie der Elefant im Raum stand, diskutierte Ende August auch die Generalversammlung des internationalen Museumsrats ICOM in Prag, nachdem das russische Komitee ferngeblieben war. Nun wurde auf die Initiative von ICOM Schweiz hin – mit Unterstützung der Komitees aus Deutschland und Österreich – die gezielte Zerstörung von Kulturgütern durch das russische Regime öffentlich verurteilt.

Blick in die Zukunft

Zu Vermutungen darüber, wie lange dieser Krieg noch andauern wird, lassen sich Nikiforova und Balun nicht hinreissen. Dass die Ukraine siegen werde, steht jedoch für Iryna Nikiforova ausser Frage. Beide Frauen wünschen sich für das flächenmässig grösste Land Europas weiterhin «schnelle und wirksame Hilfe ohne Verzögerungen, die nicht nur Waffen, sondern auch Sanktionen umfasst». Einig sind sie sich auch in dem Wunsch, «dass sowohl Russland als auch die Ukraine durch die westlichen Staaten adäquat wahrgenommen werden». Und man fühlt sich ertappt angesichts der westlichen Ignoranz, nicht mehr über das Erbe dieser traditionsreichen, grossen und vielfältigen Kulturlandschaft zu wissen. Sie zeigt sich nicht zuletzt in der Augenfälligkeit, mit der ukrainische Autor:innen neuerdings Literaturpreise oder ukrainische Musiker:innen den Eurovision Song Contest gewinnen und Sylwestrow auf einer grossen Europatournee gespielt wird. Nikiforova wünscht sich, «dass mit Ende des Krieges alle Nationen kommen, das Land bereisen und Kunst- und Kulturstätten wie die Sophienkathedrale oder die historischen Holzkirchen bestaunen».

Olena Balun erzählt, dass die «ukrainische Avantgarde», zu der sie einst forschte, von den russischen Kolleg:innen nie anerkannt wurde und anerkannt werden durfte. Die Aberkennung wirkte bis in europäische Museen und Ausstellungshäuser, welche die ukrainische, die sowjetische, die georgische oder die slawische Avantgarde mitmeinten, wenn sie von der «russischen Avantgarde» sprachen. Seit 2010, sagt Balun, stelle sie eine stetige Differenzierung und Umbewertung fest. Eine Umbewertung, die ihr ebenso Mut macht wie die Gemeinschaft aus Museen, Stiftungen und anderen Akteur:innen des Kunst- und Kulturbetriebs, die mit gebündelten Kräften eine ganze Landesidentität zu retten hilft.

Autorin: Katharina Nill ist freie Redaktorin, Journalistin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Zürcher Hochschule der Künste und ist aktuell in der Unternehmenskommunikation bei der Krebsliga des Kantons Zürich tätig.

Chronik 2022

Die Rubrik gibt einen umfassenden und vielfältigen Überblick über Neuerungen und Veränderungen in der Schweizer Museumslandschaft.

Werfen wir einen Blick auf die besonderen Anlässe, Veränderungen und Ereignisse des Jahres 2022. Den Auftakt der Chronik macht wie immer die «Jubilee-Tour» – dieses Mal mit Start bei den über Hundertjährigen: Das Musée de l’Areuse und das Rätische Museum sind stolze 150 Jahre alt, das Musée Jenisch Vevey auch schon 125. Das Musée d’art du Valais hat mit seinem 75. Geburtstag bereits drei Viertel des Wegs zum Jahrhundert geschafft. Die jüngsten Jubilar:innen sind das Schulmuseum Amriswil (20) und das Musée de la main (25) – ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gratuliert!

Anlass zu feiern geben auch folgende Preisvergaben: Das Kindermuseum Creaviva im Zentrum Paul Klee in Bern erhielt für seine diesjährige Sommerausstellung «Leuchtendes Geheimnis. Kinder kuratieren Klee» den Children in Museums Award 2022. Ebenfalls ausgezeichnet wurden die Leeds Museums & Galleries, denn der dieses Jahr zum zehnten Mal verliehene Award ging ausnahmsweise an zwei Häuser. Für den European Museum of the Year Award 2022 waren sechs Museen aus der Schweiz nominiert: das Domschatzmuseum Chur, die Fondation Opale in Lens, das Haus der Museen Olten, das Museo Moesano in San Vittore, das Schloss Wildegg sowie das Schweizerische Blindenmuseum in Zollikofen. Letzteres wurde mit einer «Special Commendation » ausgezeichnet.

Zu den Umbauten und Erneuerungen: Die Dauerausstellung des Kirchenschatzmuseums der römisch-katholischen Pfarrei Baden wurde im Rahmen der Gesamtrenovation der Stadtkirche neu konzeptioniert und im Mai wiedereröffnet. Das FIFA-Museum tritt mit neuem Namen und zugehörigem Logo auf. Und schliesslich konnte in Lausanne die Plateforme 10 eröffnet werden, womit das Lausanner Kunstquartier nun vollständig ist. Umfangreicher als die Anzahl räumlicher Veränderungen fallen 2022 die personellen Rochaden in Führungspositionen aus. So übernimmt Juri Steiner die Stelle von Bernard Fibicher und wird neuer Direktor im Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne. Walter Bersorger, ehemals Ortsmuseum Horgen, hat seit Anfang Jahr als Nachfolger von Marco Sigg dieselbe Position beim Museum Burg Zug inne. Im Frühjahr wählte der Vorstand des Vereins Textilmuseum St. Gallen Mandana Roozpeikar zur neuen Direktorin, sie beerbt damit den Interimsdirektor Stefan Aschwanden. Bereits Ende letzten Jahres nahm Jana Johanna Haeckel ihre Arbeit als neue Direktorin des Photoforums Pasquart auf, ihre Vorgängerin Danaé Panchaud ist nun Direktorin des Centre de la photographie Genève. Im Sommer 2022 löste Laurence Schmidlin Céline Eidenbenz als Direktorin im Musée d’art du Valais ab. Das Anna-Göldi-Museum hat mit Ursula Helg als Nachfolgerin von Fridolin Elmer eine neue Leiterin, Judith Schubiger übernimmt die Leitung des Schweizer Heimatschutzzentrums von Karin Artho, und Karine Meylan wechselt als neue Direktorin vom ArchéoLab in Pully zum Musée romain de Lausanne-Vidy – als Nachfolgerin von Laurent Flutsch, der pensioniert wurde. Nadir Alvarez nahm seine Arbeit als Direktor des künftigen Muséum cantonal des sciences naturelles in der Waadt auf. Franziska Karlen übernahm im Spätsommer die Direktion des Schweizer Schützenmuseums Bern von Regula Berger. Katrin Steffen ist neue Direktorin im Kunstmuseum Solothurn, ihr Vorgänger Christoph Vögele geht in Rente. Ab Herbst ist Marie Rochel nach Pascal Ruedin neue Direktorin bei den Musées cantonaux du Valais. Nathalie Herschdorfer übernimmt die Direktion des Photo Elysée von Tatyana Franck. Barbara Karl wurde vom Stiftungsrat zur neuen wissenschaftlichen Leiterin und stellvertretenden Geschäftsführerin des Freilichtmuseums Ballenberg gewählt, Kabelo Malatsie wird als Nachfolgerin von Valérie Knoll neue Direktorin der Kunsthalle Bern. Robin Byland übernimmt ab Herbst die Leitung von Claudine Metzger im Kunsthaus Grenchen, Carine Ayélé Durand ist die neue Direktorin im Musée d’ethnographie de Genève, Hans Jahn nach Käthi Keller der neue Präsident des Ortsmuseums Birmensdorf. Im Musée des beaux-arts du Locle ist Federica Chiocchetti die neue Direktorin und Anna Wenger seit Anfang Jahr nach Werner Wunderli neue Präsidentin im Ortsmuseum Meilen. Katharina Müller tritt die Nachfolge von Max Ambühl und Urs Siegrist als neue Leiterin des Museums Zofingen an, und Barbara Paltenghi Malacrida löst Simone Soldini als neue Direktorin des Museo d’arte Mendrisio ab. Die beiden Häuser Kunstmuseum Appenzell und Kunsthalle Ziegelhütte begrüssen die neue Direktorin Stefanie Gschwend, vormals Centre d’art Pasquart Bienne, wo Paul Bernard der neue Direktor ist. Ann Demeester schliesslich ist neue Direktorin im Kunsthaus Zürich. Allen Personen sei hiermit das Beste in ihren neuen Funktionen gewünscht!