Die Schweizer Museumszeitschrift

Museumszeitschrift Nr. 16

Die 16. Ausgabe der Schweizer Museumszeitschrift befasst sich mit der Gesundheitskrise aus der Sicht der Museen und des Publikums, sowohl in der Schweiz als auch jenseits des Atlantiks. Die Zeitschrift blickt auch auf den Jahreskongress 2020 und die Diskussionen über die neue Museumsdefinition zurück.

Museumszeitschrift Nr. 16

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Die Schweizer Museumszeitschrift ist das Magazin für die Mitglieder von VMS und ICOM Schweiz. Sie informiert über die Aktivitäten der Verbände und die aktuelle Kulturpolitik, stellt ausgewählte Fachliteratur vor und wirft in Bildstrecken einen Blick hinter die Kulissen der Museen in der Schweiz. Die Zeitschrift erscheint zweimal jährlich in einer mehrsprachigen Ausgabe. Die wichtigsten Artikel sind in ihren Übersetzungen auf museums.ch verfügbar.

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Übersetzungen

Zwischen Genuss und Engagement: die Erneuerung der Museen

Das Museum ist nicht länger nur eine Institution im Dienst des Kulturerbes. Inzwischen erwartet man von ihm auch, zugunsten von Menschenwürde, sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit zu agieren. Diese neue Aufgabe stellt die schweizerischen Museen vor eine grosse Herausforderung.

Was macht ein Museum aus, das gesellschaftlich und politisch relevant ist? Ist es ein Anziehungspunkt mit ständig vergrösserten und für ganz unterschiedliche Zielgruppen konzipierten Sammlungen? Eine Agora, ein Ort des Austausches? Eine Zeitmaschine, die «Geschichten» erzählt? Ein engagierter Akteur, der einen neuen Blick auf die Themen bietet, die unsere Zeitgenoss*innen interessieren, und so neues Wissen unterstützt? Oder ist das Museum nicht vor allem ein Bezugspunkt für die Gesellschaft, in der es agiert?

2019 hat ICOM International ein Projekt zur Neudefinition des Museums erarbeitet, in dem «ein stärkeres politisches Engagement» vorgesehen ist, «um Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit, globale Gleichheit und das Wohl des Planeten zu fördern». Für den Grossteil der schweizerischen Museen, die kulturell in einer starken bürgerlichen Tradition stehen, stellt dieses ganz neue Ziel eine grosse Herausforderung dar, die ihre Identität stark erschüttern kann.

Während eines halbtägigen Treffens ging die Jahresversammlung des VMS das Thema direkt an. Die Leiter*innen der Museumsinstitutionen sowie verschiedene Akteur*innen der schweizerischen Kulturpolitik diskutierten die aktuellen Stärken und Schwachpunkte der schweizerischen Museen im Hinblick auf die Neudefinition ihrer Mission.

Ohne «pro oder kontra» Stellung zu beziehen, ermöglichten es diese Diskussionen, reichhaltige und ganz unterschiedliche Möglichkeiten zu skizzieren, wie eben auch die schweizerische Museenlandschaft reichhaltig und unterschiedlich ist.

Auf dem neuesten Stand sein

Die vom VMS begonnene Debatte spiegelt eine zentrale Frage wider: Wie können die Museen die Themen, die unsere Gesellschaft bewegen, sachdienlich angehen? Die Tatsache, dass sie selbst Sinnträger sind, ist ein wesentliches Element der Antwort, und doch muss man, wenn man möchte, dass die Diskussion Früchte trägt, auch zugeben, dass es sich hierbei nicht um einen zeitlosen und statischen Wert handelt.

Jedes Museum sieht sich also mit der Frage konfrontiert: Wie kann man seine ursprüngliche institutionelle Identität bewahren und zugleich weiterentwickeln angesichts der heutigen Welt und ihrer Kapriolen? Wie «auf dem neuesten Stand» bleiben? Dies ist eine beständige und fortschreitende Anpassungsarbeit mit Momenten des Stillstands und mit vielen Schwierigkeiten. Historisch gesehen hatten die Museen bis Mitte des 20. Jahrhunderts zusammen mit Kirchen und Klöstern die Rolle von Tempelwächtern inne, sie beschützten heiliges Gut. Hervorgegangen aus der Industrialisierung und dem Nationalstaat wurden sie gegründet, um den Werten der modernen Gesellschaft ein Fundament zu geben und deren Gründungsgeschichte zu erstellen. Historische Museen inszenierten ausserdem die Kriege und Trophäen des Nationalepos, während die Naturgeschichtlichen Museen die Errungenschaften der sich konstant entwickelnden Wissenschaft rühmten.

Der Schock der Gegenkulturen

Diese anfängliche Aufgabe, in der die Vergangenheit dazu dient, die Zukunft zu schaffen und einzurahmen, ist nicht verschwunden. Ihre Substanz hat sich jedoch verändert, vor allem aufgrund der Gegenkulturen, die in den Jahren 1960-1980 entstanden und tief in die schweizerische Gesellschaft eindrangen. In diesem Kontext sind die Museen nicht mehr nur Tempel, sie werden vielmehr zu Verstärkern der Vergangenheit, zu Maschinen, die die Zeit zurückdrehen und vermischen und die Gegenkulturen dabei integrieren. Sie erfinden sich neu, als Orte der Begegnung, der Lektüre, als Kino, Theater, Buchhandlung, Café oder vieles mehr.

Anders ausgedrückt verwandeln sich die Museen in Orte der Reflexion inmitten einer Gesellschaft, die sich wichtige Fragen zu Umwelt, Gesellschaft und Politik stellt. Die Begegnung der verschiedenen Fachbereiche ermöglicht es ihnen, dem Publikum hilfreiche Herangehensweisen und unerwartete Perspektiven zu bieten. So verbindet zum Beispiel das Nouveau Musée Bienne an der Kreuzung von Archäologie, Geschichte und Kunst diese drei Disziplinen und somit die verschiedenen Perspektiven ihrer Fachleute zu einer gemeinsamen Arbeit an den Exponaten. Ein Überdenken seiner Identität und seiner institutionellen Gegebenheiten kann das Museum dazu bewegen, sein Engagement in aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen zu bekräftigen. Eine solche Neupositionierung erlaubt ihm, eine originelle Linie und eine tiefere Daseinsberechtigung zu finden.

Im Naturgeschichtlichen Museum des Wallis beabsichtigt die Reflexion über die Sammlungen, auch am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Die Arbeit nimmt dabei eine neutrale und unpolitische Position ein, die vom Wissen und den Objekten ausgeht, um den Einfluss des Menschen auf die Natur zu hinterfragen und so dem Publikum zu helfen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Diese kritische Einstellung zu Themen, die Debatten auslösen, kann auf Widerstand treffen, aber sie öffnet das Museum auch einem neuen Publikum und vor allem den jungen Menschen.

Sich mit der Öffentlichkeit verbinden 

Der gesellschaftliche Einfluss eines Museums verläuft auch über seine Fähigkeit, in die Gesellschaft auszustrahlen; eine Fähigkeit, die konkret und ungreifbar zugleich ist. Beliebtheit, Wahrnehmung durch die Medien, internationale Kooperation, zahlenmässige Entwicklung, Einzigartigkeit, wissenschaftliche Reputation – das Ausstrahlen ist ein globales Konzept und ein langer Weg, den jede Institution für sich selbst entwickeln muss. Es geht darum, ein subtiles Gleichgewicht zu finden zwischen dem Wunsch, ein grosses Publikum zu erreichen, und der Absicht, sich als Kompetenzzentrum und Informationsstelle durchzusetzen.

Die gesellschaftliche, ja sogar die politische Relevanz des Museums setzt somit die Fähigkeit voraus, ein solches Publikum zu erreichen und genereller gesagt einen Kontakt zur Gesellschaft zu etablieren – ihre Aufmerksamkeit zu erregen, Emotionen und Erinnerungen hervorzurufen, ihr Wissen zu befragen, Austausch zu fördern. Doch wie produziert man einen Auslöser dafür?

Das Erlebnis einer Erfahrung bieten

Um dieser Herausforderung zu begegnen, bieten die Museen den Besucher*innen immer häufiger an, eine Erfahrung zu erleben, die eine Mischung aus Emotion, Begeisterung und heutzutage auch von Infragestellung und bisweilen sogar Provokation ist.

Und es ist entscheidend, in der Lage zu sein, solche neuen Erfahrungen zu bieten, die das Publikum aufrütteln, ohne dabei auch konventionellere Ansätze ausser Acht zu lassen, die zwischen der Institution und ihren Besucher*innen eine dauerhafte Verbindung schaffen.

Hier liegt das Paradox der Museen des 21. Jahrhunderts, welcher Art sie auch seien: Sie sollen beim Publikum ein Klima des Vertrauens schaffen und gleichzeitig auf der Linie ihrer kulturellen Berufung die Besucher*innen ermutigen, sich von den bekannten und erwarteten Präsentationsformen wie auch von den in der Gesellschaft dominierenden Denkweisen wegzubewegen.

Und wo bleibt bei all dem der Genuss? Er ist stets präsent, wird aber immer subjektiver und wandelbarer. Der Fall des Musée gruérien in Bulle ist interessant. Gegenstände ohne ästhetischen Wert, die an die Armut in der Vergangenheit der Region erinnern, faszinieren die Besucher*innen, denn sie erzählen eine Geschichte, die sie berührt und in der sie sich erkennen. Diese Alltagsgegenstände erfreuen das Publikum, aufgrund ihrer emotionellen Bedeutung, über die schlichte ästhetische Würdigung der Dinge hinaus. Sie laden sie ein, sich zu hinterfragen. Was soll man in diesem neuen Kontext in den Museen zeigen? Schon seit langem ist es nicht mehr die Stunde des Ansammelns von Wissen, um «dem Bourgeois zu imponieren«. Jedes Ausstellungsprojekt, ob temporär oder permanent, ist eine Gelegenheit, die Geschichte neu zu schreiben, eine originelle Verbindung zwischen der Raum- Zeit der Besucher*innen und jener der Exponate zu schaffen, mit dem Ziel, das Museum als «Mixer» zu aktivieren, der die Epochen, Orte, Personen und Ideen vermischt. Indem man Neues und Originelles ausgehend vom Alten oder schon Dagewesenen schafft, kann man den berühmten Auslöser, den Klick provozieren, der das Publikum mit den Sammlungen und dem Museum zusammenbringt.

Nicht in Schubladen denken

Alles in allem handelt es sich darum, die Sammlungen auf neue Weise auszustellen – einen neuen Blickwinkel einzunehmen, nicht in Schubladen zu denken, etwas Interdisziplinäres zu wagen. Auf diese Weise können Exponate ganz verschiedener Herkunft, ausgewählt von uns Fachleuten des Gestern und des Heute, Relevanz erhalten, das Publikum ansprechen, Debatten auslösen.

Diese neue Sicht bei der Interpretation der Sammlungen kann ganz vielfältige Gesichter haben. Wie auch das Kino bietet das Museum eine Sicht auf etwas, das man anderswo nicht findet. Daher sollte es seine Besonderheit und seine lokale Verankerung kultivieren, mit Hilfe einer Ausdrucksvielfalt, die sich verschiedenen Zielgruppen öffnet und ständig in Bewegung bleibt.

In diesem Sinn verdient es die Zukunft, genauer erforscht zu werden, durch Ausstellungen mit Perspektive, mit Utopien und Uchronien, die sich gegenseitig Antwort geben. In der Villa dei Cedri in Bellinzona stellen zeitgenössische Künstler eine tragische und poetische Vision der Welt vor, die der Gegenwart neuen Zauber verleiht: So berühren sie eine Generation, die von den Gemälden der Meister des 19. Jahrhunderts in ihrer klassischen Präsentation vollkommen unbeeindruckt bleibt.

Zusammenfassend zeichnet sich am Ende der Jahresversammlung des VMS eine subversive Idee ab: Ausgehend von einer Sammlung, die in einer aus dem bürgerlichen Universum stammenden Institution untergebracht ist, kann eine zeitgenössische Fragestellung ausgehen, die imstande ist, unsere Gesellschaft anzusprechen. Der Genuss geht dabei jedoch nicht verloren, im Gegenteil. Anstatt sich selbst zu genügen, wird das Staunen zum Ausgangspunkt einer Befragung der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft unserer Welt.

Autorin: Adélaïde Zeyer, Château de Morges et ses Musées, Mitglied des VMS-Vorstands

Zur Museumsdefinition: Ringen um eine neue Identität

Was ist ein Museum? Der Internationale Museumsrat ICOM einigte sich 1946 erstmals auf folgende Definition: «Das Wort ‹Museum› umfasst alle der Öffentlichkeit zugänglichen Sammlungen künstlerischen, technischen, wissenschaftlichen, historischen oder archäologischen Materials. Hierzu zählen auch zoologische und botanische Gärten, nicht jedoch Bibliotheken, es sei denn, sie unterhalten dauerhafte Ausstellungsräume.»

Diese Definition wirkt einfach und unkompliziert. Nun stellte der ICOM im September 2019 einen neuen, zwei Absätze umfassenden Vorschlag vor:

«Museen sind demokratisierende, für jeden zugängliche und mehrstimmige Räume für den kritischen Dialog über vergangene und zukünftige Entwicklungen. Indem sie die Konflikte und Herausforderungen der Gegenwart anerkennen und sich damit auseinandersetzen, sorgen sie dafür, dass Artefakte und Exemplare für die Allgemeinheit aufbewahrt, vielfältige Erinnerungen für zukünftige Generationen konserviert und für alle Menschen die gleichen Rechte und der gleiche Zugang zu kulturellem Erbe garantiert werden.

Museen sind nicht auf Profit ausgerichtet. Sie sind partizipative, transparente Einrichtungen, die in aktiver Partnerschaft mit und für unterschiedliche Gemeinschaften an der Erfassung, Bewahrung, Erforschung, Interpretation, Darstellung und Vertiefung verschiedener Weltanschauungen arbeiten. Ihr Ziel ist es, einen Beitrag zur Menschenwürde, zur sozialen Gerechtigkeit, zur globalen Gleichheit und zum Wohl der Erde zu leisten.»

Diese umfangreichere und gewichtigere Definition löste bei Museumsfachleuten auf der ganzen Welt Kontroversen aus. Die Vorsitzende des ICOM Frankreich, Juliette Raoul-Duval, kritisierte sie als «ideologisches Manifest» (Noce, 2019). Ich schätze Kontroversen sehr, und so widmete ich meine Aufmerksamkeit den Online-Diskussionen und Kommentaren von Museumsfachleuten rund um den Definitionsvorschlag. Als unangemessen kritisiert wurde dieser mit einer Reihe von Argumenten: vom Vorwurf einer zu engen Fokussierung (schliesslich sind nicht alle Museen gemeinnützig) bis hin zu Äusserungen, dass Museen keine Räume der politischen oder sozialen Gerechtigkeit seien. Mir selbst erschien die neue Definition als Spiegel der Entwicklung der heutigen Museumsidentität, die sich über die Zeit herausgebildet hat.

Insbesondere das Argument, dass Museen keine Räume der Politik oder der sozialen Gerechtigkeit seien, verblüfft mich, denn ich habe Museen als eine Art Katalysator für die Entwicklung meiner eigenen Identität erlebt. Über meine Herkunft und die zentralamerikanische Kultur haben mir meine Eltern nichts erzählt. «Du bist Amerikanerin», lautete ihre immer gleiche Antwort auf meine neugierigen Fragen. Es waren Museen, die mich mit lateinamerikanischen Kunstschaffenden in Verbindung brachten. Auch wenn deren Werke in Kunstmuseen nur spärlich vertreten waren, spürte ich sie auf und beanspruchte sie als Teil meiner Identität. Diese persönliche Erfahrung machte Museen für mich zu einem Ort von sozialer Gerechtigkeit und Menschenwürde. Warum also fühlen sich so viele Menschen von diesem Teil der Museumsdefinition angegriffen oder zumindest abgeschreckt?

Anhand verschiedener Artikel – allesamt gefunden im «Curator: The Museum Journal» – möchte ich die Geschichte der Museumsdefinitionen nachvollziehbar machen und herausfinden, was diese Entwicklung für die künftige Definition des ICOM bedeuten könnte.

Frühere Definitionen 

«Heute herrscht offenbar einige Verwirrung darüber, was ein Museum ist oder was es sein sollte» (Colbert, 1961, S. 138). Edwin H. Colberts Artikel «Was ist ein Museum» umreisst die beiden Hauptmerkmale eines Museums: den Erhalt von Objekten und deren Interpretation. Colbert stellt fest: «Hat eine Institution keine Objekte in ihrem Besitz, die sie durch Forschung oder Ausstellung oder beides erklärt, ist sie kein richtiges Museum» (S. 139). Diese Definition gilt heute nicht mehr für alle. Kindermuseen, Online-Museen oder andere Institutionen würden nicht als Museen gelten. Selbst die damalige Definition des ICOM würde heutigen Institutionen nicht mehr gerecht: «Der ICOM erkennt als Museum jede dauerhafte Einrichtung an, die Sammlungen von Gegenständen von kultureller oder wissenschaftlicher Bedeutung zu Studien-, Bildungs- und Vergnügungszwecken bewahrt und ausstellt».

Elaine Heumann Gurian untersuchte 2010 weitere Definitionen, die verschiedene Länder und Museumsorganisationen entworfen haben, und schlug zudem vor, Museen nach deren Schwerpunkten zu kategorisieren. So konzentrieren sich einige Museen auf ihre Objekte, während andere den Nationalstaat ins Zentrum stellen etc. Nach Heumann Gurian sollen diese Kategorien als Orientierungshilfe und Diskussionsgrundlage dienen und nicht als abschliessend betrachtet werden.

Aber auch die gesetzlichen Definitionen unterschiedlicher Nationen sollten wir nicht ausser Acht lassen. Als Beispiel mag hier eine gekürzte Version der rechtlichen Museumsdefinition in den Vereinigten Staaten dienen:

a. «Ein Museum ist eine öffentliche, Stammes- oder private gemeinnützige Einrichtung, die auf dauerhafter Basis im Wesentlichen pädagogischen Zielen, dem kulturellen Erbe oder ästhetischen Zwecken dient und die mit Hilfe von Fachpersonal [...]»

b. «Der Begriff ‹Museum› in Absatz (a) dieses Abschnitts schliesst Museen ein, die über materielle und digitale Sammlungen verfügen. Zu den Museen gehören unter anderem die folgenden Arten von Institutionen, sofern sie ansonsten die Bestimmungen dieses Abschnitts erfüllen.»

c. «Für die Zwecke dieses Abschnitts greift eine Institution auf Fachpersonal zurück, wenn sie mindestens einen bezahlten oder unbezahlten Mitarbeiter oder Arbeitskräfte im Umfang eines Vollzeitäquivalents beschäftigt, die sich hauptsächlich mit dem Erwerb, der Pflege oder der öffentlichen Ausstellung von Objekten befassen, die der Institution gehören oder von ihr genutzt werden (Definition eines Museums, 2019).»

Der 1983 in «Curator» erschienene Artikel von Raymond S. August, «Museum: A Legal Definition», geht näher auf die Geschichte des Wortes Museum und dessen gesetzliche Dimension ein. August weist darauf hin, dass zwischen der rechtlichen Definition und der tatsächlichen Selbstdefinition von Museen unterschieden werden muss: «Die Gerichte haben sich in den letzten dreissig Jahren nicht mit der Museumsdefinition befasst, während Museumspersonal und -verbände diese aktiv überprüft haben. Die meisten Elemente, die in der Vergangenheit von den Gerichten abgelehnt wurden, sind von vielen innerhalb der Museumsgemeinschaft übernommen worden» (S. 145). Meine Durchsicht des «Curator»-Archivs in der Wiley-Online-Bibliothek und anderer Quellen ergab, dass es nicht an Definitionen mangelt, die zu umreissen versuchen, was eine Institution zu einem Museum macht. Einen Konsens über die korrekte Terminologie sucht man vergeblich und die Unmenge an Worten verwirrte mich eher, statt Klarheit zu schaffen.

Die einzige Antwort, die ich finden konnte, war, dass es keine gibt (und nie eine gegeben hat) – und wir nach wie vor nicht wirklich definieren können, was ein Museum ist und welche Rolle es heute spielt. Das führte mich zu meiner nächsten Frage: Wie haben sich Museen verändert und warum verärgert die neue Definition des ICOM so manchen?

Ein Haufen leerer Worte 

Bei der Durchsicht zahlreicher Internetkommentare und -artikel stiess ich immer wieder auf eine Reihe ähnlicher Gründe für den Unmut über die vorgeschlagene ICOM-Definition:

1. Sie ist zu einschränkend.
2. Sie ist zu lang.
3. Sie ist zu politisch.

Ich stimme zu, dass die Definition zu eng gefasst ist, da sie Museen ohne Sammlungen ausschliesst. Das galt jedoch auch für die frühere ICOM-Definition von 2007, in der es hiess:

«Ein Museum ist eine der Öffentlichkeit zugängliche, nicht gewinnorientierte, ständige Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und ihrer Umwelt zum Zwecke der Bildung, des Studiums und des Vergnügens erwirbt, bewahrt, erforscht, vermittelt und ausstellt».

Auch einige weitere Kritiken an der neuen vorgeschlagenen Definition gelten für alle früheren Varianten. So sammeln beispielsweise nicht alle Museen Objekte.

John Fraser argumentiert in einem redaktionellen Beitrag aus dem Jahr 2019, dass die vorgestellte Definition viele Museen ausschliesse, zumal einige von ihnen kein Interesse hätten an einem «Einfluss auf Menschenwürde, Gleichheit oder planetarisches Wohlergehen» (S. 502). Dies weckt den Eindruck, dass Museen ihre Ausstellungsobjekte wichtiger nähmen als das Wohlergehen der Menschheit. Ihre Aktivitäten im Bereich Bildung und Forschung – im Dienste der Menschheit – zeigen jedoch das Gegenteil. Und welche Bedeutung hätten Objekte schliesslich ohne die menschlichen Geschichten, die hinter ihnen stehen, und die Art und Weise, wie Menschen heute mit ihnen umgehen?

Ich stimme mit Frasers Analyse überein, dass die ICOM-Definition von hehren Plattitüden durchdrungen ist, die Museen leicht verdrehen und bedeutungslos machen könnten. Meiner Meinung nach liegt der Kern der Kontroverse darin, dass der ICOM-Vorschlag weniger eine tatsächliche Definition ist als vielmehr eine Art ethisches Idealbild, das Museen zu erreichen versuchen sollen.

Viele Museen produzieren nichts als heisse Luft, wenn von Vielfalt und Inklusion geredet wird. Für mich, die ich in einem Museum gearbeitet habe, sind diese Worte nach vielen Jahren leerer Versprechungen bedeutungslos geworden. In den Vereinigten Staaten etwa gibt es trotz neuer politischer Programme, Konferenzen und Workshops, die sich dem Thema widmeten, kaum Änderungen hinsichtlich Diversifizierung. Eine Umfrage aus dem Jahr 2015 ergab, dass 84 Prozent der Museumsmitarbeiter weiss sind (Bates, 2018). Im Jahr 2018 stellte das Metropolitan Museum of Art in New York City den zehnten weissen männlichen Direktor in Folge ein, trotz einer Politik, die sich für Vielfalt, Integration und gleichen Zugang einsetzt (Sayej, 2018). Welche Macht haben diese Initiativen letztlich, wenn keine sinnvollen Massnahmen hinter ihnen stehen?

Meiner Erfahrung nach sind Museen (und zahlreiche andere Institutionen) meisterhaft darin, sich ehrgeizige Ziele zu setzen und diese nie zu erreichen. Ich wünsche mir, dass Museumsvorstände, Mitarbeitende und Direktoren wie Direktorinnen in ihren Institutionen aktiv werden und die Schlagworte Vielfalt, soziale Gerechtigkeit und Inklusion wieder mit Leben füllen. Während die vorgeschlagene ICOM-Definition ein Zeichen dafür ist, dass diese Bewegung Anerkennung erfährt, ist ein Aufruf zu ethischem Handeln keine Definition dessen, was ein Museum ist. Vielmehr listet er eine Reihe von Zielen auf, die die Institutionen erreichen sollen.

Auf der anderen Seite gibt es Museumsfachleute, die die neue ICOM-Definition ablehnen, da sie zu politisch sei, wie folgender Kommentar aus einem Blogbeitrag eines Museumsverbandes zeigt:

«Um Shakespeare zu paraphrasieren: ‹Voller Klang und Aufregung, die nichts bedeuten.› Meine Güte, was für ein fades, herablassendes Zeug! Habt ihr noch nie etwas von einfachem Englisch gehört? Und wisst ihr nicht, dass Museen seit Jahrzehnten integrativ, demokratisch und polyphon sind (Wie integrativ ist solch ein Wort für die Masse der Menschen, die Museen besuchen?)? Das ist nichts Neues, Leute! Warum um alles in der Welt riesige Geldsummen ausgeben, um etwas zu reparieren, das nicht repariert werden muss? Oh, und Museen sollten meiner Meinung nach niemals von politischen Übereinkünften beeinflusst und manipuliert werden. Wir sind seit Jahrzehnten offen und demokratisch und wir sind sichere Zufluchtsorte für alle, ohne diesen ganzen Druck der sozialen Gerechtigkeit, der oft geradezu bevormundend ist. Wenn der Anschein entsteht, Museen hätten irgendeine Art von politischer Agenda, dann werden wir genauso unglaubwürdig wie jeder Politiker oder jede Regierung. Wir sollten die Wahrheit sagen, wie sie ist, ohne eine Agenda. Wir handeln mit Fakten. Indem wir das tun, räumen wir unserem Publikum das Recht ein, zu denken, nachzudenken, sich zu engagieren und zu debattieren, ohne predigend und, was noch beängstigender ist, manipulativ zu sein.» (15.8.2019, 13:24)

Museen sind nicht integrativ. Museen sind ihrem Wesen nach politisch und hatten schon immer eine Agenda. Aufgrund des Modells, auf Basis dessen sie gegründet wurden, spiegeln sie immer noch die vorherrschende Kultur wider. In dem Masse, in dem Museen ihre Prioritäten erweitern und beginnen, ihr Personal, ihre Sammlungen und ihre Ausstellungen aktiv zu diversifizieren, werden sie denjenigen, die am Status quo festhalten, immer politischer erscheinen. Museen befassen sich zwar mit Fakten, heben aber oft bestimmte Perspektiven hervor und stellen sie über andere. Hier dient als Beispiel etwa die Frage der Überrepräsentation männlicher Vögel in den ornithologischen Sammlungen der Naturkundemuseen (Ashby, 2017). Ashby erklärt: «Museen sind ein Produkt ihrer eigenen Geschichte und der Gesellschaften, in die sie eingebettet sind. Sie sind nicht unpolitisch, und sie sind nicht völlig wissenschaftlich. Aus diesem Grund repräsentieren sie nicht die Realität» (Abs. 3). Museen erzählen Geschichten, jedoch werden diese nicht notwendigerweise von Menschen verfasst, die demselben Hintergrund entstammen, über den sie schreiben (Coxall, 2000).

Dies trifft zum Beispiel auf die weissen Kuratoren oder Kuratorinnen zu, die über die Darstellung der Geschichten und Charaktere der Vergangenheit bestimmten (Hollander, 2019).

Es gibt durchaus Kritiken an der ICOM-Definition, denen ich zustimmen kann, während ich den reaktionären und (die Geschichte) ignorierenden Kommentaren anderer vehement widerspreche. Die ICOM-Definition ist feurig und kühn. Die wütenden Reaktionen, die sie provoziert, sehe ich als Zeichen des Wandels. Die vorgeschlagene Definition spiegelt eine aggressive, neue Herangehensweise an Museen wider, eine Herangehensweise, die aktiv daran arbeitet, erweiterte Prioritäten und Interessengruppen herauszufordern, voranzutreiben und anzuerkennen. Aber ich habe einen Vorschlag.

Wir verfolgen ein Ziel

Letztlich hält mir die ICOM-Museumsdefinition von 2019 eines vor Augen: Wir müssen uns ändern! Museen diskutieren seit Jahrzehnten über den demografischen Wandel, doch hat sich bis 2020 kaum etwas getan hinsichtlich einer besseren Repräsentation und einer grösseren Vielfalt. Die vorgeschlagene Definition fühlt sich an wie die endgültige Anerkennung der Tatsache, dass Museen sich verändern müssen, auch wenn sie sich mit Händen und Füssen wehren. Verändern oder zu Grunde gehen! In diesem Sinne schlage ich vor, eine Art Mischversion der bereits vom ICOM vorgelegten Definitionen zu erstellen, eine, die sowohl beschreibend als auch anspruchsvoll ist – und die den Unterschied deutlich macht. Meine Ergänzungen sind fettgedruckt:

«Als Museum gilt jede Institution, die zu Studien-, Bildungs- und Vergnügungszwecken Materialien von kultureller oder wissenschaftlicher Bedeutung bewahrt oder ausstellt. Wir bemühen uns, partizipatorisch und transparent zu sein, und arbeiten in aktiver Partnerschaft mit und für unsere unterschiedlichen Gemeinschaften, um zu sammeln, zu bewahren, zu erforschen, zu interpretieren, auszustellen und das Verständnis für die Welt zu verbessern, mit dem Ziel, zu Menschenwürde und sozialer Gerechtigkeit, globaler Gleichheit und planetarem Wohlergehen beizutragen.»

Jede Institution einzubeziehen, schafft eine um einiges umfassendere Definition, die auch Museen ohne Sammlungen, etwa virtuelle Museen, anerkennt. Ich habe zudem einen Einschub aus der ICOM-Definition von 2001 wieder eingeführt («für Studienzwecke»).

Von «Materialien» zu sprechen statt von «Objekten», ist ein Versuch, die verschiedenen Arten von Sammlungen, die es gibt, zu erfassen. Dennoch trifft auch der Begriff «Materialien» immer noch nicht genau auf Institutionen mit lebenden Sammlungen zu, wie z. B. Aquarien.

Die Formulierung «wir bemühen uns» schafft ein kollektives Ziel, während zugleich Ausschnitte aus älteren Definitionen beibehalten werden. Dies spiegelt auch genauer wider, wo Museen derzeit stehen. Sie versuchen, offen und integrativ zu sein, und wahren doch gleichzeitig Aspekte der weissen Vorherrschaft.

Von «unseren» Gemeinschaften zu sprechen, drückt die Notwendigkeit einer stärkeren Verbindung zwischen Gemeinschaften und Museen aus – es ist an der Zeit, die Mauer zwischen «uns» und «euch» niederzureissen. Vielfältige Gemeinschaften gehören in Museen und Museen gehören in vielfältige Gemeinschaften.

Die Beibehaltung von Phrasen wie «soziale Gerechtigkeit und globale Gleichheit» ist ein Statement an die Neinsager, die behaupten, Museen seien unpolitische Räume. Die Bedeutung und der weitreichende Einfluss von Museen machen ihre Arbeit im Bereich der sozialen Gerechtigkeit und der globalen Gleichberechtigung unerlässlich. Museen müssen weiter auf diese Ziele hinarbeiten, um bestehen zu können.

Ist diese Definition die ideale Lösung? Nein. Ich glaube nicht, dass wir jemals einen perfekten Konsens erreichen und alle zufriedenstellen werden. Vielleicht müssen wir unsere Bemühungen neu ausrichten und aufhören, nach der perfekten Definition zu suchen. Stattdessen könnte eine einfache, aber anspornende Erklärung als Leitstern dienen und Berührungspunkte schaffen für die grosse Vielfalt an Institutionen. Damit können wir uns wieder aufs Handeln konzentrieren und darauf, Räume zu schaffen, die unseren Gemeinschaften wirklich dienen und sie repräsentieren. Geht es nicht letztlich genau darum?

Autorin: Brenda Salguero, College-Programmkoordinatorin MESA in der Abteilung für Diversität und Engagement an der Universität von Kalifornien, Mitglied des «2020 Knology – Curator: The Museum Journal Writing Scholars Workshops».

Das Museum hat wieder geöffnet – und jetzt?

Mitte des Jahres haben die meisten Schweizer Museen den Betrieb wieder aufgenommen. Während die Institutionen mit Fragen zu Schutz- und Hygienekonzepten und sinkenden Besucher- und Umsatzzahlen konfrontiert sind, sehen manche Akteurinnen und Akteure die Pandemie auch als Chance für die Zukunft und widmen ihr Themenausstellungen oder sammeln Corona-spezifische Objekte.

Mitte Juni konnten Museen ihren Betrieb wieder aufnehmen – doch nichts ist wie zuvor. Der Lockdown ist eine Zäsur, von der nebst Museen sämtliche Kultureinrichtungen betroffen sind. Theater, Oper, Nachtclubs – alle stehen sie vor finanziellen und organisatorischen Herausforderungen. Eine Studie von L’OEil du Public untersuchte im Juni und September, wie sehr die Kulturlandschaft von den COVID-19-Massnahmen betroffen ist. In Abstimmung mit der Konferenz der kantonalen Kulturbeauftragten wurden in zwei repräsentativen Umfragen die Nutzung von Online-Angeboten während des Lockdowns sowie die anschliessende Wiederaufnahme der Kulturbesuche ermittelt.

«Kultur ist das Rückgrat der Schweiz»

Während des Lockdowns vermisste ein Drittel der Befragten das Besuchen von Ausstellungen und Museen. Anfang Juni konnte sich mit Blick auf die Wiedereröffnung jedoch bloss ein Viertel aller Befragten vorstellen, bedenkenlos wieder Kultureinrichtungen zu besuchen – zum Zeitpunkt der zweiten Befragung Anfang September war dieser Anteil gar unter 20 Prozent gesunken. Vor allem Orte mit kleineren, geschlossenen Räumen werden nun eher gemieden. Ein Grossteil der befragten Personen gab im Juni an, mit dem erneuten Besuch von Kultureinrichtungen vier bis fünf Monate warten zu wollen. Im September hat sich der Anteil der Personen, die ihre Besuche erst im Jahr 2021 wieder aufnehmen möchten, deutlich erhöht: Er stieg von 22 auf 42 Prozent. In der Deutschschweiz scheint die Vorsicht mit steigendem Alter zuzunehmen, während die älteren Befragten in der Westschweiz weniger bereit sind als die jüngeren, ihre Kulturaktivitäten einzuschränken.

Laut Eva-Maria Würth, Dozentin für Kunst und Vermittlung an der Hochschule Luzern und Altkantonsrätin, führte der Lockdown zu einer Sensibilisierung für die Rolle von Kulturbetrieben: «Man hat festgestellt, dass Kultur das Rückgrat der Schweiz und relevant ist. Die beschlossenen Corona-Massnahmen zielen auch darauf ab, die kulturelle Vielfalt zu erhalten.»

2017 initiierte Würth den Verein Pro Kultur Kanton Zürich, der sich für eine umfassende Förderung des Kunst- und Kulturschaffens im Kanton Zürich einsetzt. Seit 2018 ist sie Co-Präsidentin der Kulturkommission der SP Kanton Zürich. Für sie ist klar: «Grundsätzlich stellt sich die Frage, was es benötigt, damit Menschen kreativ tätig sein können, und was es in einer zeitgemässen, liberalen, demokratischen Gesellschaft braucht, um ein gutes Leben zu ermöglichen.»

Die Pandemie verleiht Diskussionen über den gesellschaftlichen Wert von Kultur und Kunst eine neue Dringlichkeit, wobei laut Würth die prekären Verhältnisse angesprochen werden müssen, in denen Kulturproduktionen entstehen: «In der Regel gibt es nicht mehr einen Ernährer in der Familie, der zu 100 Prozent angestellt ist. Mehr als ein Drittel aller Erwerbstätigen in der Schweiz befindet sich in sogenannten atypischen Arbeitsformen, also in Mehrfachbeschäftigungen, befristeten Anstellungen, Teilzeitarbeit usw. Vor allem im Kultursektor mit seinen vielen selbstständig Erwerbenden ist die Verbreitung des Prekariats sehr gross. Dazu müssen Erhebungen und entsprechende Anpassungen im Sozialversicherungssystem vorgenommen werden, um die soziale Sicherheit der Akteurinnen und Akteure zu verbessern.»

Ausstellungen: unerwartet aktuell

Die Wiedereröffnung sind die Museen unterschiedlich angegangen: Während manche Ausstellungen zeigten, die vor oder während des Lockdowns hätten eröffnen sollen, haben andere verlängert: zum einen, weil es lange kaum möglich war, Objekte und Bilder an ihre ursprünglichen Sammlungsorte zurückzutransportieren, zum anderen, weil bestimmte Themen neu an Aktualität gewannen. Die Fondation Beyeler in Riehen etwa hatte das Ende ihrer Ausstellung zu Edward Hopper zum zweiten Mal verschoben, da Hoppers Gemälde auf eine eigene Art zum Thema Einsamkeit und Melancholie im Pandemiejahr 2020 passten – daran sollte die Öffentlichkeit länger teilhaben können. Ähnlich erging es dem Museum Burghalde in Lenzburg mit der Ausstellung «Saubere Sache» zur 133-jährigen Geschichte einer Seifenfabrik. Die plötzlich hochaktuelle Ausstellung rund um Fragen der Hygiene war lange vor dem Ausbruch von COVID-19 geplant und erfreute sich eines ganz besonderen Interesses.

Während künftige Ausstellungen schwer(er) plan- und umsetzbar sind, reagierten manche Museen unmittelbar auf die Corona-Pandemie: Das Stadtmuseum Aarau beispielsweise realisierte innerhalb weniger Wochen eine thematische Ausstellung. Zu sehen waren Fotografien von den leeren Strassen der Stadt sowie Postkarten und Plakate mit Fragen wie: Was ist das, «die neue Normalität»? Besucher und Besucherinnen konnten auf einer Schreibmaschine Erfahrungen und Beobachtungen notieren und die Schriftstücke im Ausstellungsraum aufhängen. Das Historische Museum Thurgau wiederum sammelte aktuelle Corona-Zeugnisse aus dem Kanton. Das Sammlungskonzept sieht vor, Gegenwartsobjekte in die bestehende Sammlung aufzunehmen. Das Museum bat dabei auch die Bevölkerung um Mithilfe. Auf den kreativen Umgang junger Menschen mit der Pandemie fokussierte das Musée gruérien in Bulle. Kurz nach der Schliessung der Volksschule lud die Zeitung «La Gruyère» Kinder zwischen 3 und 15 Jahren ein, Eindrücke des Alltagslebens zeichnerisch festzuhalten. Überwältigt von mehr als 500 eingereichten Bildern wandte sich die Zeitung an das Musée gruérien mit der Bitte um Unterstützung. Unter dem Titel «Tout ira bien» wurden diese wertvollen Zeugnisse des täglichen Lebens im Frühling 2020 ausgestellt und werden für die Zukunft archiviert.

Organisiert in die Zukunft

Wie geht es nun weiter mit Kulturangeboten im virtuellen und im analogen Raum? Im Gegensatz zu Museen stehen vor allem die darstellenden Künste mit vielköpfigen Besetzungen und grossen Theatersälen vor Umsetzungsschwierigkeiten. Häuser wie das Schauspielhaus Zürich und das Grand Théâtre de Genève haben die Spielzeit 2020/2021 verspätet und mit erheblichen Einschränkungen wieder aufgenommen: Die Sitzplätze sind begrenzt, die Häufigkeit der Aufführungen ebenso. Museen und Ausstellungsorte führten während des Lockdowns Führungen und Workshops teilweise per Livestream durch. Mittlerweile werden sie vielerorts wieder analog angeboten, jedoch in kleinen Gruppen und oft mit Voranmeldung.

Drei Viertel aller Befragten der Studie von L’OEil du Public gaben im Juni an, kulturelle Aktivitäten online verfolgt zu haben. Knapp 20 Prozent sahen sich während des Lockdowns eine Aufführung – Theater, Konzert oder Oper – online an. Das Interesse, dies auch zukünftig zu tun, war im September allerdings nur bei etwa einem Drittel der Befragten vorhanden. Zwei Drittel verspürten dazu «keine oder wenig Lust». Es wird eine Herausforderung bleiben, Online-Angebote in einer Form einzubinden, die das Interesse der Menschen anhaltend zu wecken vermag.

Die Zukunft der Kulturbetriebe ist ungewiss. Doch kann dies auch eine Chance sein, das Feld von Ausstellen und Vermitteln zu überdenken, zu hinterfragen sowie neu zu definieren, und somit Lern- und Inspirationsquelle für Kulturakteurinnen und -akteure in der Schweiz. Einen ersten Schritt in die richtige Richtung sieht Eva-Maria Würth in verstärktem politischem Engagement und in der Selbstorganisation. «Wenn man sich organisiert, werden die Anliegen besser vertreten.» Das heisst konkret: Mitglied werden in einem Verband oder in Standesorganisationen. Eva-Maria Würth ist überzeugt: «Wenn man zusammensteht, zusammen agiert, zusammen spricht und nicht vereinzelt kommuniziert, erreicht man einfach mehr!»

Autorin: Lena Seefried, freie Kuratorin, Autorin, Künstlerin

Museen in den USA stemmen sich gegen die Pandemie

Das Coronavirus zwingt die Museumsverwaltungen der Vereinigten Staaten, ungewohnte Wege zu gehen. Jetzt, da sie um das Überleben ihrer Museen kämpfen müssen, wurde für die kommenden zwei Jahre der Verkauf eines Teils der Sammlungen genehmigt.

Noch vor fast genau einem Jahr gelangten Echos einer kreativen Unruhe und Aufregung von der anderen Seite des grossen Teichs – genauer gesagt aus New York – bis nach Europa und schufen dort vielleicht sogar einen Anflug von Neid, doch heute hat sich Situation ganz entschieden geändert, und statt Aufregung herrscht Sorge: concern.

Doch alles der Reihe nach. Im Oktober 2019 wurde in Manhattan der neue Anbau des Museum of Modern Art, MoMA, des Mekkas für Designliebhaber aus aller Welt, eröffnet. Im Zuge dieser enormen Erweiterung, die 450 Millionen Dollar kostete und von den Stararchitekten Jean Nouvel und Diller Scofidio + Renfro zusammen mit Ganser geleitet wurde, hatte das MoMA sogar das daneben gelegenen Folk Art Museum geschluckt. Es wurde abgerissen, um Platz zu schaffen für das 82 Stockwerke hohe Gebäude 53W53, dessen unterste drei Geschosse mit etwa 4.500 Quadratmetern als Ausstellungsräume genutzt werden, der Rest als Eigentumswohnungen, deren Wert zwischen 6 und 60 Millionen Dollar schwankt.

Der folgende Umbau, der vier Monate dauerte, während derer das Museum geschlossen blieb, sollte alle Bereiche umfassen. Es ging nicht nur um die Erweiterung der Ausstellungsräume und die Schaffung eines Wohnhochhauses über dem Museumsanbau, vielmehr wollte man auch das Ausstellungskonzept erneuern. Schluss mit dem chronologischen Rundgang durch die neuere und die zeitgenössische, noch im Entstehen begriffene Kunstgeschichte, zugunsten einer Reihe von Möglichkeiten, die den Besucher*innen von den Kurator*innen angeboten werden, damit sie selbst wählen können, wie sie sich durch die Ausstellungsräume bewegen möchten – alles im Sinne einer flüssigen Kunst, die in perfektem Einklang mit unserer Zeit und unseren Lebensanschauungen steht (nach dem Konzept, das Zygmunt Bauman als «flüssig» definierte). Werke aus verschiedenen Kontexten kreuzen sich vor den Augen der Besucher*innen in einem Spiel der Idiosynkrasien, aus dem ein neues storytelling entsteht. So wird der Ausstellungsgegenstand in einer Art Kaleidoskop der Wirklichkeit gezeigt, im Zeichen der absoluten Freiheit. Wie das MoMA selbst in einem Text auf der Webseite erklärt, der den «Fall Reveal» ankündigt, wird die im November eröffnete Herbstausstellung eingerichtet «in Anerkennung der Tatsache, dass es weder eine einzige noch eine komplette Geschichte der modernen und zeitgenössischen Kunst gibt» («recognizing that there is no single or complete history of modern and contemporary art»).

Das Wichtigste ist, das Überleben zu sichern 

Das MoMA in New York, das seit seiner Gründung im Jahr 1939 eine Art futuristischen «Fremdkörper» im Herzen von Midtown Manhattan darstellt, war wegen seiner mutigen Ideen und wegen des von ihm ausgehenden Magnetismus, mit seiner Mischung aus der Zelebration der Kunst und einem extrem geschickten Marketing (kein Zufall, dass man sich für die Zusatzeinnahmen vor allem auf den Museumsshop konzentriert) schon seit jeher ein Bezugspunkt für die Kunstwelt, von der es als opinion maker anerkannt wird. Nolens volens ist diese neue Wirklichkeit des Museums ein Fortschritt, und sie wird zum grössten Teil auch positiv angenommen (kritische Stimmen gab es vor allem wegen des Abrisses des Folk Art Museum und wegen der Gefahr, ein so freies Ausstellungskonzept könne Verwirrung stiften). Ausserdem liess sie die Besucherzahlen auf 3 Millionen jährlich steigen. Dank der umgebauten Räume, die jetzt für eine grössere Rotation der Werke aus den Sammlungen zum Teil modular nutzbar sind, dank des Fehlens einer definierten und definitiven Struktur, dank des Verzichts auf obligatorische Ausstellungsverläufe und dank des neu entstandenen Dialogs zwischen einzelnen Werken und Perioden erfüllt das MOMA voll und ganz die Museumsdefinition des ICOM (International Council of Museums) von Kyoto 2019: «Räume, die demokratisierend wirken und inklusiv und vielstimmig sind, für einen kritischen Dialog».

Durch seine Erweiterung wollte das MoMA eine Besucherzahl von jährlich 3,5 Millionen erreichen, doch im April kam die Nachricht, dass die New Yorker Institution gezwungen war, 85 Mitarbeiter der Abteilung für Didaktik fristlos zu entlassen. Und dass die Krise nicht nur an der Oberfläche kratzt, erkennt man an einem Satz aus der E-Mail, mit der diese Arbeitsverhältnisse beendet wurden: «Es werden Monate, wenn nicht Jahre, vergehen, bevor wir wieder Budgets und Arbeitsniveaus erreichen, die auch didaktische Leistungen erneut nötig machen». Man geht also davon aus, dass lange unsichere Zeiten bevorstehen, in denen das Konzept des Planens von Museumsprojekten entschieden in den Hintergrund tritt und dem des Durchhaltens Platz macht.

Eine allgemeine Krise

Und das MoMA steht in dieser Krisensituation nicht alleine da, wenn man bedenkt, dass das Whitney Museum of American Art 76 Mitarbeiter entliess und das Massachusetts Museum of Contemporary Art 120 (von insgesamt 165). Die von Covid-19 erzwungene Schliessung der Museen brachte zwar kreative Einfälle mit sich, wie lobenswerte Online-Initiativen hier und da zeigen, die entstanden, um die Nutzer*innen nicht ganz zu verlieren (siehe Schweizer Museumszeitschrift Nr. 14), doch sie traf die bereits davor fragile Museumswelt wie ein brutaler Hieb mit dem Henkersbeil.

Wir haben hierzu ein Telefongespräch mit Tiffany Gilbert geführt, der Verantwortlichen für Conference Education der American Alliance of Museums. Wie viele Kolleg*innen arbeitet auch Gilbert im Home Office und versucht, sich aufzuteilen zwischen den Bedürfnissen ihrer Familie und denen eines Sektors, der selbstverständlich gerne wieder Fahrt aufnehmen möchte, sich aber nicht sicher bewegen kann, da er ständig von der Entwicklung der Fallzahlen der Covid-Pandemie abhängt. Gilbert erzählt von ganz unterschiedlichen Stimmungslagen, denn je nach Lage und finanzieller Situation wird es Museen geben, die durchkommen, und andere, die wohl schon bald für immer schliessen werden. Einige Institutionen denken gerade über eine mögliche Wiedereröffnung nach, nach dem Motto «We are where we are» (Wir stehen, wo wir stehen), arbeiten an neuen Ideen und untersuchen, über welche Kanäle man am besten die Gemeinschaft der Museen unterstützen und den Kontakt mit den Nutzer*innen aufrecht erhalten kann. Doch ganz egal, was sie planen, wie engagiert sie sind und wie bereit, sich zu ändern – alles hängt davon ab, wie sich die Infektionszahlen entwickeln.

Notfallmassnahmen

Die Covid-Krise hat sich überall so drastisch eingeschlichen, dass immer mehr Museen in den Vereinigten Staaten darüber nachdenken oder sogar ankündigen, eine sogenannte deaccession vorzunehmen, also die kontrovers diskutierte Versteigerung von Kunstwerken aus ihren Sammlungen. Die Association of Art Museum Directors (AAMD) akzeptierte (obschon ohne jegliche rechtliche Handhabe) den Verkauf von Werken durch die Museen einzig und allein, wenn er den Ankauf neuer Werke und somit eine Diversifizierung und Aktualisierung der Exponate zum Ziel hatte. Dies war zum Beispiel beim Baltimore Museum of Art der Fall, das 2018 beschloss, sieben Werke von männlichen Nachkriegskünstlern kaukasischer Provenienz zu verkaufen und mit dem Erlös Werke von Künstlerinnen und von Afroamerikaner*innen zu erstehen. Ein Jahr später verkaufte das San Francisco Museum of Modern Art aus ähnlichen Gründen einen Rothko für 50 Millionen Dollar.

Im April dieses Jahres, etwas mehr als einen Monat nach Beginn des Lockdowns, beschloss die AAMD in den USA jedoch, mit einer aussergewöhnlichen Massnahme den Standardkodex an die Ausnahmesituation anzupassen: Zwei Jahre lang können die Museen Werke aus ihrer Sammlung verkaufen, wenn dies dem Erhalt der Sammlung selbst dient. Eine Entscheidung, die versucht, zu retten, was zu retten ist und ein Ausbluten aufzuhalten, das bereits lange vor der Pandemie begann, von dieser jedoch beschleunigt wird.

Auch die privaten Mäzene und Mäzeninnen versuchen, Löcher zu stopfen und rettend einzugreifen, denn sie haben erkannt, welche Einnahmequellen rund um das Netz der Museen geschaffen werden und wie wichtig auf allen Ebenen der Gesellschaft ein konstanter Dialog zwischen den Menschen und der Kunst ist. So stellen sie Unterstützungsfonds auf. Der Paul Getty Trust richtete zum Beispiel einen Fond von 10 Millionen Dollar ein, um die bildende Kunst zu unterstützen, und noch einmal 10 Millionen Dollar stiftete der Andrew W. Mellow Fund.

Das Jahr 2020 ist noch nicht vergangen, und seit Beginn Oktober steigen die Infektionen rasant an. Diesmal, vielleicht zum ersten Mal überhaupt, ist die ganze Welt in einer Ungewissheit vereint, deren Zeitverlauf und Folgen man nicht absehen kann. So bleiben uns nur das Warten, das Träumen und die Hoffnung.

Autorin: Simona Sala, Kulturjournalistin, verantwortlich für die Kultursparte von Azione, Herausgeberin und Übersetzerin.

Chronik 2020

Die Rubrik gibt einen umfassenden und vielfältigen Überblick über Neuerungen und Veränderungen in der Schweizer Museumslandschaft.

Feierliches zu Beginn: Die Stiftung Wildnispark Zürich zelebriert das zehnjährige Jubiläum des Sihlwalds als «Naturerlebnispark – Park von nationaler Bedeutung» mit der Sonderausstellung «WaldWildnisWir – Faszination Naturwald» im zugehörigen Naturmuseum. Das Kinder- und Familienmuseum Museo in erba jubiliert zum 20. Geburtstag mit der interaktiven Ausstellung «Calder, che circo!», die in Zusammenarbeit mit dem Centre Pompidou de Paris realisiert wurde. Auch das mudac – Musée de design et d’arts appliqués contemporains begeht sein 20-jähriges Bestehen, und zwar mit 20 Rendez-vous ab Herbst 2020 bis zum Umzug ins Museumsquartier PLATEFORME 10 im Juni 2022. Das Paul Gugelmann-Museum feiert den 25. Geburtstag mit der Sonderausstellung «Werke des Künstlers Paul Gugelmann aus Privatbesitz». Anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums des Laufentaler Kantonswechsels zeigt das Museum Laufental eine neue Dauerausstellung zum Thema. Electrobroc wurde dieses Jahr 30-jährig und präsentierte erneuerte Konferenz- und Bildungsprogramme. Der Fundus des Theatermuseums Zürich bildete mit seinen Kostümen, Masken und Requisiten diesen Sommer das Herzstück der Jubiläumsausstellung «Theater Leben – 50 Jahre Theater Stok» im Stadtarchiv Zürich. Schloss Jegenstorf beging den ersten Teil seines Jubiläums «300 Jahre Barockschloss» mit der Sonderausstellung «300 Jahre – 30 Objekte: Schätze und Trouvaillen der Sammlung». Die zweite Sonderausstellung wurde auf das Jahr 2021 verschoben. Auch das Festprogramm zum 30-Jahr-Jubiläum des Kunsthauses Zug an der Dorfstrasse» mit Ausstellungen zu Richard Gerstl sowie Christine und Peter Kamm und einem Sommerfest wird erst im kommenden Jahr stattfinden.

Michaela Oberhofer und Nanina Guyer, Kuratorinnen der Ausstellung «Fiktion Kongo – Kunstwelten zwischen Geschichte und Gegenwart» im Museum Rietberg, sowie Raphaël Bouvier, Kurator von «Der junge Picasso: Blaue und Rosa Periode» in der Fondation Beyeler, wurden für den Kuratorenpreis des Kunstmagazins «ART» nominiert. Für den European Museum of the Year Award wurde eine Reihe Schweizer Museen nominiert: das Landesmuseum Zürich, das MoMö – Schweizer Mosterei- und Brennereimuseum, das Hexenmuseum Schweiz, das Musée Historique Lausanne, das Museum Altes Zeughaus in Solothurn, das Stapferhaus und das Museum Burghalde in Lenzburg sowie das Muzeum Susch.

Schweizweit wurde renoviert, erweitert, gezügelt: Seit Ende 2019 befindet sich die Sammlung des Historischen Museums Obwalden in neuen Räumlichkeiten in Kägiswil. Ebenfalls Ende 2019 öffnete das Haus der Museen in Olten seine Tore: Natur, Geschichte und Archäologie befinden sich seither unter einem Dach. Das Naturhistorische Museum Bern setzt seit Anfang 2020 ein Zeichen mit dem «WC für alle»: Sie sind nicht kategorisiert und stehen allen offen – Frauen, Männern, transsexuellen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen. Nach umfassender Sanierung erstrahlen seit Februar die Vitrinen und Mineralien in der Dauerausstellung von focusTerra – ETH Zürich in neuem Glanz. Das Schloss Chillon feierte nach 15 Jahren Arbeit im Frühjahr die Neugestaltung des Aussenbereichs mit verbessertem Empfang, Spazierweg und dem neuen Café Byron. Das Bergbaumuseum des Bergwerks Käpfnach wurde heuer nach einem Brand (2015) im wieder aufgebauten Haus neu gestaltet. Seit diesem Frühjahr präsentiert es sich für alle Altersklassen attraktiver und «bergmännischer». Das Bergbaumuseum Graubünden Schmelzboden in Davos hat nach historischen Vorlagen einen Erzaufzug über zwei Stockwerke eingebaut. Mitte Juni öffnete das Schloss Burgdorf nach mehrjährigem Umbau seine Tore als «Schloss für alle» mit neuem Museum, Restaurant und Jugendherberge. Die Website der Abteikirche Payerne bietet seit diesem Sommer einen virtuellen Entdeckungspfad mit 20 audiogeführten Stationen. Im Natur- und Tierpark Goldau wurden die Stationen Wildbienen und Käfer des neuen Insektenpfades sowie eine neue Dachsanlage eröffnet. Ebenfalls in diesem Sommer konnten nach 15 Jahren die Bautätigkeiten im Landesmuseum Zürich abgeschlossen werden. Das Stadtmuseum Brugg war renovationsbedingt knapp ein Jahr geschlossen und wurde mit einer neuen Dauerausstellung Ende August wiedereröffnet. Die alte Remise des Heimatmuseums Davos wurde mit einem Ausstellungs- und Veranstaltungsraum erweitert. Im Gletschergarten Luzern wurde das historische Schweizerhaus aus dem Jahr 1874 aufwändig restauriert – im Zentrum der erneuerten Dauerausstellung im Erdgeschoss steht die Gründerfamilie Amrein-Troller. Das Telefonmuseum TELEPHONICA in Islikon feierte nach umfassender Gebäudemodernisierung im Herbst Wiedereröffnung. Die Fondation Toms Pauli verlegte die Verwaltung und ihre Sammlungen in die PLATEFORME 10. Das Militär- und Festungsmuseum Full-Reuenthabl macht nach mehrjähriger Restaurierung drei weitere Anlagen im Kanton Aargau dem Publikum zugänglich: die Festung Rein, den Kommandoposten der Grenzbrigade 5 in Wallbach und die grosse Beobachtungsanlage Vorderrein. Das MASI Lugano – Museo d’arte della Svizzera italiana eröffnete nach dreijähriger Renovierung seinen zweiten Standort im historischen Palazzo Reali in Lugano. Das Musée Atelier Audemars Piguet wurde neu eingeweiht – mit einem Blick in die Geschichte der Uhrmacherei im Vallée de Joux und in die Werkstatt. Das Gutenbergmuseum bietet neu auch Atelierkurse in Siebdruck, Marmorieren, Papierschöpfen und Origami an. Ende August wurde in Chur das Domschatzmuseum mit zwei Sammlungsbeständen eröffnet: Neben dem Domschatz ist ein Zyklus der Todesbilder aus dem Bischöflichen Schloss in Chur von 1543 zu sehen. Ende 2020 eröffnet das Schweizerische Blindenmuseum «anders sehen» in Zollikofen bei Bern. Das Touristikmuseum der Jungfrauregion in Interlaken-Unterseen wurde umbenannt und heisst neu TOURISMUSEUM. Apropos Namensänderungen: Schloss Jegenstorf ist seit 2020 Zeremonienlokal im Zivilstandskreis Bern-Mittelland.

Die personellen Rochaden fielen umfangreich aus: Das Museum Lindwurm, die Künstlerresidenz Chretzeturm und das zukünftige Kulturhaus der Jakob und Emma Windler-Stiftung in Stein am Rhein werden seit Oktober 2019 von der neuen Kulturleiterin Helga Sandl und ihrer Stellvertreterin Verena Nussbaumer geführt. Im November 2019 übernahm Lena Friedli die Leitung des Forums Schlossplatz in Aarau von Nadine Schneider, die wiederum zusammen mit Kaba Rössler (ehemals Stadtmuseum Aarau) seit Oktober 2019 die Co-Leitung des Henry-Dunant-Museums Heiden innehat. Marc Griesshammer leitet seit November 2019 das Stadtmuseum Aarau. Der Kurator Dominik Sieber hat das Stadtmuseum Brugg verlassen – die Stelle der Museumsleitung ist vakant. Anfang 2020 hat der Davoser Christian Kaufmann-Issler das Präsidium des Vereins Heimatmuseum Davos übernommen. Das Museum zur Farb in Stäfa hat mit Lukas Germann seit Anfang des Jahres einen neuen Leiter und Kurator. Das MASI Lugano begrüsste Stefan Hottinger-Behmer als neuen Head of Communication, Marketing & Fundraising. Im Typorama in Bischofszell übernahm Percy Penzel die Leitung von Paul Wirth. Seit Februar ist Almut Grüner Direktorin der kantonalen Museen Luzern. Das kulturelle und künstlerische Zentrum Ferme-Asile in Sion hat seit März mit Anne Jean-Richard Largey eine neue Leiterin. Ebenfalls seit März leitet die Kunsthistorikerin Lucia Angela Cavegn das Museum kunst + wissen in Diessenhofen. Im Maison du Dessin de Presse ist Stéphanie Reinhard seit Juni die neue Direktorin. Birgit Langenegger und Martina Obrecht übernahmen im gleichen Monat die Co-Leitung des Museums Appenzell. Roland Inauen wurde als Museumsleiter pensioniert. Seit seiner Gründung wurde der Verein Zuger Depot Technikgeschichte von Alfred Heer geleitet. Im Juni übergab er die Leitung an Thomas Lötscher. Seit Juli leitet die Kunsthistorikerin Katharina Ammann das Aargauer Kunsthaus. Sie löste Madeleine Schuppli ab. Das operative Geschäft des DIORAMA Einsiedeln wurde im August von der DIORAMA Bethlehem Stiftung übernommen. Christian Hunziker übernahm im August die Leitung des Seemuseums in Kreuzlingen von Ursula Steinhauser. Im September wurde der seit 2015 angestellte Historiker Beat Zimmermann zum Leiter des Archivs Ortsgeschichte Maur ernannt. Auch im Musée du fer et du chemin de fer in Vallorbe gibt es einen Wechsel: Neuer Geschäftsleiter und Kurator ist Kilian Rustichelli, der auf Simon Leresche folgte. Im September wechselte auch die Museumsleitung im Schulmuseum Mühlebach in Amriswil: Neu ist Frauke Dammert verantwortlich. Sie löste den langjährigen Museumsleiter Hans Weber ab, der Präsident der Stiftung Schulmuseum Mühlebach bleibt. Beim Museum ENTER hat ein Wechsel im Stiftungsrat stattgefunden: Der Unternehmer Adrian Flury ersetzte Theodor Klossner. Die Fondation Martial Ançay, Verwalterin des Musée du savoir-faire alpin in Fully, ernannte Pierre-Maurice Roccaro zum neuen Präsidenten und Camille Ançay zum Vizepräsidenten. Im Naturama Aargau folgte auf Direktor Daniel Bärtschi ab Oktober ein Leitungsgremium, bestehend aus Johanna Häckermann (Vorsitz), Denis Vallan und Florian Helfrich. Seit Mitte Oktober ist Marc Zehntner Direktor des Historischen Museums Basel. Er löste Marc Fehlmann ab. Im Vorstand der Fondation Othenin d’Haussonville pour le rayonnement de l’esprit de Coppet folgt Rainier d’Haussonville auf Amélie Cherbuin als neuer Präsident. Weiter tritt Simon d’Haussonville als Vertreter der Familie, der das Château gehört, in den Vorstand ein. Im Weinbaumuseum am Zürichsee hat im November die Historikerin Mariska Beirne die Geschäftsführung übernommen. Und auch das Museum Burghalde hat mit Marc Philip Seidel einen neuen Museumsleiter.