Jahreskongress 2025: gemeinsam stärker

Der digitale Wandel verändert die Museumswelt in rasantem Tempo. Dabei kann der Sektor den Herausforderungen ebenso wie den Chancen am besten gemeinsam begegnen und der Mensch bleibt auch im Zeitalter von KI unersetzbar. Der Jahreskongress von VMS und ICOM Schweiz – ein Rückblick.

Jahreskongress 2025: gemeinsam stärker

Fachjournalistin Judit Solt führte durch die Veranstaltung

Zwei Tage voller spannender Inputs, Diskussionen und gegenseitigem Austausch: Der Jahreskongress der Schweizer Museen, der am 21 und 22. August in La Chaux-de-Fonds stattfand, war ein voller Erfolg. «Museen im digitalen Wandel» - ein Thema am Puls der Zeit, das zahlreiche Institutionen umtreibt und bei den rund 270 Teilnehmenden auf entsprechend grosses Interesse gestossen ist.

Klar ist: Die digitale Transformation hat längst begonnen und gewinnt durch den Boom der künstlichen Intelligenz noch einmal an Dynamik. Dabei ist es nicht nur ein technischer, sondern vor allem auch ein kultureller Wandel, der die gesamte Organisationsstruktur der Museen verändert. Das erfordert eine klare Vision und Strategie ebenso wie neues Knowhow und damit neue Formen der Zusammenarbeit innerhalb der Institutionen und darüber hinaus.

KI: vielfältige Möglichkeiten

«KI ist wie eine neue Mitarbeiterin, die sich eingeschlichen hat im Museum», sagte Jacqueline Strauss, Präsidentin von ICOM-Schweiz. «Noch wissen wir nicht genau, was sie alles kann und macht. Wir belohnen sie mit unseren Daten. Aber sie gibt uns auch viel». Tatsächlich sind die Anwendungsmöglichkeiten von KI und anderen digitalen Technologien im Museumssektor äusserst vielfältig, das wurde am Jahreskongress eindrucksvoll deutlich: 

Im Musée d'Histoire naturelle de Neuchâtel beispielsweise wird ein Dinosaurier-Skelett mittels Virtual Reality zum Leben erweckt. In der Lübecker Sammlung Kulturen der Welt sollen eigentlich starre Objekte, wie etwa ein historischer Armreif, mit der Gunst der Sprache ausgestattet werden, um ihre Geschichte selbst erzählen zu können.

Auch in Projekten der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel kommt Virtual Reality zum Einsatz. Strassenzüge erscheinen plötzlich im Lichte früherer Jahrhunderte, virtuelle dreidimensionale Kunstwerke entstehen auf öffentlichen Plätzen und können durch die Tragenden der VR-Brillen sogar selbst verändert werden.

Sammlungen digital erschliessen

Ein weiterer spannenden Anwendungsbereich ist die Erschliessung und Vernetzung von Sammlungen. So hat das Museum für Kommunikation in Bern seine Sammlungsdatenbank mit einem frei zugänglichen Online-Blog verknüpft und mit einer KI-basierten Suchfunktion versehen. Interessierte können zu den Ausstellungsstücken ihre eigenen Geschichten schreiben, die dann vom Museumsteam geprüft und veröffentlicht werden. «Wir haben im Museum keine Mona Lisa. Wir stellen den Alltag aus und sammeln Objekte, zu denen jede und jeder etwas zu erzählen hat», sagte der Leiter der Abteilung Sammlungen, Johannes Sauter. Im Museum Schloss Burgdorf wurden 1600 Seiten aus analogen Sammlungskataloge mit Hilfe von KI digital erfasst und transkribiert, was nicht nur den Zugang für die Vermittlung erleichtert, sondern auch für Forschung und Lehre.

Ein Anwendungsbeispiel aus dem Bereich der Provenienzforschung liefert das Museum der Kulturen Basel: Dort schlummern rund 3000 Objekte, die der Schweizer Ethnologe Felix Speiser von seiner Reise nach Vanuatu in den Jahren 1910-1912 in die Schweiz brachte. Das Museum machte die Sammlung digital zugänglich und nutzte Künstliche Intelligenz, um die Objektbeschreibungen zunächst ins Englische und dann ins Bislama, die Amtssprache des südpazifischen Inselstaats, zu übersetzen. Eine interaktive Plattform soll eine Ausgangslage schaffen, um eine Verbindung und künftige Zusammenarbeit mit der dortigen Bevölkerung aufzubauen. Bei allem technischen Fortschritt ist aber gerade der Zugang zu den Inselbewohnenden schwieriger als gedacht.

Der Mensch bleibt unersetzbar

Keine Frage, KI ist gekommen, um zu bleiben. «Das verändert unsere Arbeit. Es macht uns als Menschen aber noch lange nicht ersetzbar», sagte VMS-Präsidentin Carole Haensler. Im Gegenteil: Gerade vor dem Hintergrund der ethischen Verantwortung und des grossen Vertrauens, das der Museumssektor geniesse, seien menschliche Entscheidungen, Korrekturen und Kontrollen unabdingbar. Das wurde am Jahreskongress vielfach betont. «Die Technologie ist das Werkzeug, der Mensch ist der Schlüssel», sagte Günhan Akarçay, Geschäftsführer Digitale Transformation im Schweizerischen Nationalmuseum.

Die Herausforderungen und Aufgaben scheinen riesig, die Möglichkeiten der Anwendung beinahe grenzenlos. «Das kann auch zu Verunsicherung führen und zu einem Gefühl, überholt zu werden», sagte Moderatorin Judit Solt. Doch nicht alles, was möglich sei, müsse auch umgesetzt werden. Jacqueline Strauss ergänzte: «Wenn wir Perfektion anstreben, dann scheitern wir». Es gehe darum, Neues einfach einmal auszuprobieren, schrittweise vorzugehen und dabei voneinander zu lernen und gemeinsam vorzugehen. 

Die meisten Museen stehen vor denselben Fragen und Herausforderungen. Manche sind schon weiter, andere weniger. Zusammenarbeit und gegenseitiger Austausch schafft Synergien, innovative Ideen und schont Ressourcen. Womöglich die zentrale Botschaft des Jahreskongresses 2025: gemeinsam stärker.

Präsentationen