Noël Fischer – Justa y Rufina
Mit «Justa y Rufina», der ersten monographischen Museumsausstellung des Zürcher Künstlers Noël Fischer (*1964), bietet das Kunstmuseum Olten einer faszinierenden 25-jährigen künstlerischen Tätigkeit den längst fälligen grossen Auftritt. Nach Erfolgen in Portugal und Japan präsentiert Fischer im Kunstmuseum Olten seine erste Schweizer Museumsausstellung. Die Soloschau vereint Werke aus unterschiedlichen Schaffensphasen und Arbeiten, die speziell für die Ausstellung entstanden sind. Thematisch kreisen seine Keramiken, Zeichnungen und Gemälde um die Beschäftigung mit Räumlichkeit, Architektur, Trompe-l’œil und Perspektive. Dieser Fokus vertieft einen Schwerpunkt des Museums: die interdisziplinär angelegte Auseinandersetzung mit Positionen an der Grenze zwischen Kunst, Architektur und Handwerk. Die ortsspezifischen Inszenierungen werden von Portraits des Mailänder Künstlers Giovanni de Francesco (*1976) bevölkert.
Ausstellungsansicht "Noël Fischer – Justa y Rufina", Kunstmuseum Olten 2025, Foto: Rachel Bühlmann © Künstler
Eine Spezialität von Noël Fischer ist seine Vorliebe für «Azulejos», die in seiner zweiten Heimat Portugal allgegenwärtigen bemalten Keramik-Kacheln. Neben dem Einsatz im architektonischen Kontext lösen sie sich bei ihm auch von der Wand, werden zum Bild oder zur glänzenden «Haut» für Objekte im Raum.
Die Eigenschaften dieses Materials – über das Justa und Rufina, die Schutzpatroninnen für Keramik und Töpferei, wachen – stimulieren ein besonderes Interesse für Sinnlichkeit und Strukturen von Oberflächen sowie für die Jonglage mit Rastern, Serialität und Rhythmus, das auch Fischers Arbeiten in anderen Techniken prägt.
So eröffnen die systematische Übersetzung eines Parkettbodens oder einer Backsteinmauer ins Medium der Zeichnung oder die Projektion einer Säulenreihe in den Raum mithilfe von Malerei überraschende räumliche Erfahrungen und lancieren ein lustvolles Spiel rund um Imitation, Täuschung, Verkleidung und Maskerade. Innen und aussen verschmelzen, Wände werden transparent, Böden verwandeln sich in fliegende Teppiche... Die ortsspezifischen Inszenierungen werden von Portraits des Mailänder Künstlers Giovanni de Francesco bevölkert.
Künstler-Biographien
Noël Fischer ist in Zürich geboren und aufgewachsen, wo er auch heute hauptsächlich lebt und arbeitet – neben Portugal, seiner zweiten Heimat.
Seine künstlerische Karriere entwickelte sich parallel zur Ausbildung und späteren Tätigkeit als Arzt. 1997 begann er Zeichen- und Gestaltungskurse an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich zu belegen, absolvierte eine Bühnenbildassistenz bei Christine Fueter in Zürich und schloss 2001 das Nachdiplomstudium «Szenisches Gestalten» an der HgKZ ab.
Seit 2001 unterhält er ein eigenes Atelier, stellt regelmässig aus und übernimmt Kunst-und-Bau-Aufträge, u. a. für das Hamam im Volkshaus Zürich, für das ehemalige Kulturhaus Kosmos in Zürich oder für diverse private Auftraggeber:innen.
Darin manifestiert sich eine grosse Verbundenheit mit der Architektur(szene). Inbesondere mit pool Architekten gibt es viele Berührungspunkte: So hat Noël Fischer etwa 2022 im Projekraum loop von pool Architekten die Werkserie Bangni misti gezeigt. In der Oltner Ausstellung wird zudem das Portrait des Parketts dieses Ausstellungsraums erstmals zu sehen sein.
Giovanni de Francesco (*1976)
Noël Fischer hat den Mailänder Künstler als Gast in seine Ausstellung eingeladen. Mit einer kleinen Auswahl von neuen Portraitköpfen bevölkert er die von Fischer gestalteten Räume.
Giovanni De Francesco hat eine künstlerische Praxis entwickelt, die den Kontakt mit allen Sinnen pflegt. Die ästhetische Sprache seiner Skulpturen, Bilder, Installationen und Theaterinszenierungen ist präzise. Gleichzeitig passt sie sich aber auch an unterschiedliche Kontexte an und kalibriert sich um Kräfte und Spannungen, die gleichermassen intensiv wie gegenläufig sind. Einerseits zeigt er ein Verlangen nach einer fast archaischen und totemistischen Figuration, andererseits reduziert er Zeichen und Elemente auf ihre Essenz, wodurch seine Werke zu abstrakter Form, Farbe und reiner Materie werden.
De Francesco ist ein aufmerksamer Interpret des besonderen Gleichgewichts zwischen unmittelbarer Geste, Improvisation, Erfindung und einem gewählten Design- und Produktionsansatz. Seine Werke zeugen von der intensiven Erfahrung mit den verwendeten Materialien, die sowohl der Welt der bildenden Künste als auch der Welt des Designs, des Modellbaus und nicht zuletzt der Baustelle angehören. So finden seine Gestaltungen ihre Bedeutung nicht so sehr im Endergebnis als vielmehr im Prozess selbst.
(Text: Riccardo Conti)